Pforzheimer Kurier, 04.05.2023

 

Erinnerung an Zerschlagung der Gewerkschaften

Ausstellung im Haus der Evangelischen Kirche beschäftigt sich mit einem dunklen Kapitel der Nazi-Zeit Birgit Metzbaur


Pforzheim. „Solidarität ist wichtig und lässt Hoffnung schöpfen, dass wir die Krisen bewältigen“, knüpfte Oberbürgermeister Peter Boch (CDU) an das diesjährige Mai-Motto der Gewerkschaften „ungebrochen solidarisch“ an. „Bei der Krisenbewältigung spielen Gewerkschaften eine große Rolle“, sagte Boch vor Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern. Anlass war der jährliche Empfang von Stadt und Enzkreis für Betriebs- und Personalräte anlässlich der Feier zum „Tag der Arbeit“. Der Kampf für soziale Gerechtigkeit und bessere Arbeitsbedingungen habe auch Opfer gefordert, so Boch, „insbesondere in der dunklen Zeit des Nationalsozialismus“.

„Demokratie ist nicht nur ein Angebot, sondern auch eine Verpflichtung“, erklärte Franz Herkens, DGB-Kreisvorsitzender Pforzheim Enzkreis. Dieser Verpflichtung müssten sich alle Bürgerinnen und Bürger „gemeinsam stellen, über alle Parteigrenzen und Gruppeninteressen hinweg“, forderte er. „Am 2. Mai 1933 wurden Gewerkschaftshäuser von SA-Kommandos“, den paramilitärischen Kampforganisationen der Nationalsozialisten, „im ganzen Land besetzt und verwüstet. Auch in Pforzheim, so in der Gymnasiumstraße 24 – das Gewerkschaftshaus mit Büros des ADGB, Bibliothek und der Gaststätte Klostermühle. Gestürmt, verhaftet verschleppt, gefoltert in den Tod getrieben und ermordet“, führte Herkens aus. Das Ergebnis ist bekannt: Entrechtung, Entmündigung, Lohnstopp, Verlängerung der Arbeitszeit, Dienstverpflichtung für Frauen, Zwangsarbeit und am Ende Zerstörung, Untergang und Tod am 23. Februar 1945 in Pforzheim.

Zum Gedenktag hatte der DGB die hiesige Gewerkschaftsgeschichte „als Wertschätzung für die damaligen Gewerkschafter und als Mahnung für die Zukunft“ in einer Ausstellung veröffentlicht, die jetzt erneut zum 90-jährigen Jahrestag des 2. Mai 1933 im Haus der Kirche gezeigt wird.

In ungezählten Stunden hatten die Heimatforscher Gerhard und Brigitte Brändle sowie der ehemalige DGB-Kreisvorsitzende Jürgen Schroth Archive durchkämmt, Bilder recherchiert und für 21 Ausstellungstafeln aufbereitet. Sie führten im Rahmen des Empfangs in die Ausstellung ein, berichteten nicht nur von den Gräueltaten der Nazis sondern erinnerten auch an die Menschen, die dem Naziregime couragiert entgegentraten.

Der Ausstellungsort, das Haus der Evangelischen Kirche, „ist etwas Besonderes“, freute sich Dekanin Christiane Quincke. Lange sei es nicht selbstverständlich gewesen, dass Kirche und Gewerkschaften gemeinsame Veranstaltungen machen. So habe es vor 90 Jahren auch keinen Aufschrei der Kirche gegen die Machtergreifung der Nationalsozialisten gegeben. Widerstand von Kirchenleuten habe es nur leise oder vereinzelt gegeben; So wie von Heinz Kappes, der für kurze Zeit Pfarrer in Büchenbronn war. Auch an ihn wird auf einer der Gedenktafeln erinnert.

Die Ausstellung ist bis 12. Mai im Haus der Evangelischen Kirche zu sehen. Auf Anfrage beim DGB (pforzheim@dgb.de) bieten Schroth und Brändle auch geführte Rundgänge an.