Nordschwabener wechseln nach Rheinfelden
In der evangelischen Kirche gehörte Nordschwaben bisher zu Dossenbach. Am Sonntag fand der erste Rheinfelder Gottesdienst in der Mauritiuskapelle statt. Die Gottes-dienste werden aber eine Seltenheit bleiben.
RHEINFELDEN-NORDSCHWABEN „Schön, dass Sie zu uns gekommen sind“, sagen die Gottesdienstbesucher, als sie die Mauritiuskapelle verlassen. Und: „Eine schöne Predigt; sie hat wirklich gutgetan.“ Pfarrer Jörg Hinderer nimmt das Lob mit einem Lächeln an, während der die Hände schüttelt. Glocken läuten zum Ausgang keine in der kleinen Nordschwabener Kapelle. Sowohl Pfarrer Hinderer als auch Thomas Mürle, Vorsitzender des Ältestenkreises der evangelischen Johannesgemeinde auf dem Dinkelberg, waren am vergangenen Sonntag zum ersten Mal in der Mauritiuskapelle. Ein Dutzend Besucher hatte dieser Gottesdienst, vor allem ältere Ehepaare.
Hinderer ist Krankenhausseelsorger. Zusätzlich hat er die Vakanzverwaltung der Johannesgemeinde übernommen. Gottesdienste sind eigentlich nicht Teil dieser reinen Verwaltungsstelle. „Es war mir aber ein großes Anliegen, diesen Gottesdienst in Nordschwaben selbst zu feiern“, sagt Hinderer. Seit Beginn des Kirchenjahres am Ersten Advent 2022 ist ein Rheinfelder Kuriosum Geschichte: Selbst den wenigsten evangelischen Christen in der Gesamtstadt dürfte bekannt gewesen sein, dass die rund 70 Nordschwabener Mitglieder der Evangelischen Kirche in Baden keiner der vier Rheinfelder Kirchengemeinden angehört hatten, sondern der Kirchengemeinde Dossenbach: eine Verwaltungsstruktur von vor der baden-württembergischen Kommunalreform in den Siebzigern, die erst jetzt den politischen Gegebenheiten angepasst wurde. Bereits am Ersten Advent gab es einen Gottesdienst, um die neuen Gemeindemitglieder willkommenzuheißen, allerdings in der Mehrzweckhalle, weil die Mauritiuskapelle zu klein ist.
Den Anstoß zum Wechsel der Kirchengemeinde, berichtet Mürle nach dem Gottesdienst, habe es vor drei Jahren bei der Visitation durch das Dekanat gegeben: „Uns wurde bewusst, wie stark sich die Nordschwabener nach Rheinfelden orientieren.“ So seien die Konfirmanden schon lange in der Johannesgemeinde und nicht in Dossenbach konfirmiert worden.
Auf die Frage, warum man mit dem Gemeindewechsel Nordschwabens nicht bis Ende 2023 gewartet habe, wenn die vier Rheinfelder Gemeinden zu einer fusionieren werden, sagt Mürle, dass vor drei Jahren nicht absehbar gewesen sei, dass diese Fusion so schnell umgesetzt werde. Wer die Nordschwabener in der Johannesgemeinde vertreten wird, ist offen. Die Nordschwabenerin Heike Tscheulin, die zehn Jahre lang bis 2019 Kirchengemeinderätin in Dossenbach war und von Jörg Hinderer und Thomas Mürle ins Gespräch gebracht wird, lehnt auf BZ-Anfrage ein neues Amt ab.
Die Katholiken in Nordschwaben gehören schon lange zur Pfarrei St. Michael in Karsau in der Seelsorgeeinheit Rheinfelden. Die evangelischen Gottesdienste in der Mauritiuskapelle wollen Hinderer und Mürle mit den katholischen koordinieren, sodass sie insgesamt in regelmäßigen Abständen stattfinden. Der nächste Gottesdienst der Johannesgemeinde wird dieses Jahr aber dennoch erst am 17. September, dem Patronatsfest des Heiligen Mauritius, als ökumenische Feier stattfinden, weiß Jörg Hinderer. Über die weitere Zukunft für Nordschwaben könne er aufgrund des drastischen Personalmangels in den Rheinfelder Gemeinden noch nichts sagen: „Es ist im Endeffekt auch eine wirtschaftliche Frage, so sehr ich das bedaure.“
Ein Gottesdienst alle 14 Tage wie zu Dossenbacher Zeiten vor Corona wird es nicht mehr geben. Kirchendienerin Ilse Widmann berichtet, dass bis 2020 mehr Dossenbacher als Nordschwabener in die Mauritiuskapelle gekommen seien. Sie ist aber überzeugt, dass es als Teil der Dossenbacher Gemeinde nicht so weitergegangen wäre wie vor Corona. In Dossenbach selbst geht man davon aus, dass die Kirche nach der baldigen Pensionierung von Pfarrer Clemens Ickelheimer von Schopfheim aus betreut werden wird.
Ilse Widmann pflegt die Mauritiuskapelle gemeinsam mit ihrem Mann Eugen, der Mesner für die katholische Gemeinde ist. Egal, wie viele Gottesdienste künftig stattfinden werden: Die beiden öffnen die Kapelle mit dem Marmoraltar aus dem Jahre 1770 jeden Sonn- und Feiertag von 9 bis 15 Uhr für Besucher.
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