„Unchristlicher“ Kampf in der Kritik
Für Baumaßnahmen an der Alten Feuerwache in Lörrach soll es keine finanziellen Mittel mehr geben. Auch die Zukunft der Stadtkirche selbst ist offen. Gemeindemitglieder drücken bei einer Versammlung ihren Unmut darüber aus.
LÖRRACH Der Strategieprozess der evangelischen Landeskirche in Baden sorgt auch bei der Kirchengemeinde Lörrach für Verärgerung. Bei einer Gemeindeversammlung am Samstag in der Alten Feuerwache sammelten die Teilnehmer Argumente für den Erhalt der Fördermaßnahmen für die Stadtkirche. „Das ist unchristlich“, betonte Christoph Meyer, frisch wiedergewählter Vorsitzender der Gemeinde, der seine Kritik an der Landeskirche noch freundlicher als andere formulierte.
Strategieprozess der Landeskirche
Die Reformpläne sorgen in den Gemeinden für Widerspruch. Angesichts sinkender Mitgliederzahlen und Sparzwängen soll sich unter dem Titel „ekiba 2032 – Kirche. Zukunft. Gestalten.“ bis 2032 viel ändern. Das reicht von der Organisationsstruktur über die Personalverteilung bis zum Gebäudebestand. Auch im Kirchenbezirk Markgräflerland sollen viele Gebäude abgegeben werden.
Auswirkungen auf Lörrach
Das bringt gravierende Veränderungen für den Kooperationsraum Lörrach, der sich bis Steinen erstreckt, mit sich. Mit einer weiteren Mitfinanzierung von Baumaßnahmen können gerade einmal die Petruskirche in Steinen und das dort geplante Gemeindehaus, die Germanuskirche in Brombach sowie die Christuskirche inklusive ihres Gemeindehauses und der Diakoniestation rechnen, erläuterte Pfarrerin Gudrun Mauvais. Ausgenommen von den Sparplänen sind die Röttler Kirche und die Ottilienkirche in Tüllingen, da sie sich nur zu einem geringen Teil in der Baupflicht der Kirche befinden. Die Zukunft der übrigen Gebäude ist entweder offen oder bereits klar, dass kein Geld der Landeskirche für deren bauliche Erhaltung mehr fließen wird. Letzteres betrifft die Alte Feuerwache, über die Stadtkirche ist noch nicht entschieden.
Klassifizierungssystem
Eine vierköpfige Gebäudegruppe ordnete die 114 Gebäude im Kirchenbezirk Markgräflerland unterschiedlichen Kategorien zu. Unter dieser „Gebäudeampel“ werden „grün“ eingestufte Gebäude bei Baumaßnahmen weiter von der Landeskirche mitfinanziert. „Rote“ Gebäude hingegen erhalten keine Mittel mehr. „Gelb“ eingestufte Kirchen, Gemeindehäuser oder Gemeindezentren werden später einer der beiden Gruppen zugeordnet. Nur etwa 30 Prozent der Gebäude dürfen als „grün“ klassifiziert werden, im Kirchenbezirk sind das 25. Ihre theoretische Wiederherstellung darf insgesamt nicht mehr als knapp über 51 Millionen Euro kosten. Eine grüne Einstufung der Stadtkirche mit ihren hohen Sanierungskosten ist somit unrealistisch. Noch aber gebe es Hoffnung, so Mauvais. Ein Gebäude pro Kirchenbezirk darf auf Grün gestuft werden, ohne dass dies auf den Grenzwert angerechnet werde, erklärte sie. Die Stadtkirche Lörrach konkurriert hierbei jedoch mit der Kirche in Altweil und der Christuskirche in Rheinfelden, die ebenfalls einen hohen Finanzbedarf hätten.
Reaktionen in der Gemeinde
Die Gemeinden müssen Argumente sammeln, warum die Landeskirche Gebäude mitfinanzieren sollte und sie nicht allein von der Gemeinde getragen werden können. Hier setzt Meyers Kritik an: „Wir sind im Moment ein unchristlicher, egoistischer Verein, jeder kämpft für sich allein.“ Auch andere Teilnehmende kritisierten die Konkurrenz zwischen den Gemeinden. Die Kooperation und das Miteinander gehe durch den Kampf um Gelder verloren, erklärte eine Teilnehmerin. Auch die Außenwirkung sei katastrophal. „Das ist doch absurd“, sagte sie.
Argumente für die Stadtkirche
Besonders die zentrale Lage der Stadtkirche wurde als Argument für ihre Unterstützung durch die Landeskirche angeführt. Auch die Veranstaltungsgäste aus Riehen und Basel wurden angesprochen, die historische Bedeutung, Rolle als Verbindungsglied zwischen dem historisch katholischen Stetten und der evangelisch geprägten Lörracher Kernstadt, die Ökumene. Eine Besonderheit in der Region sei die Rolle der Stadtkirche für die Kirchenmusik. Bei der Sanierung werde bewusst in die Orgel investiert, die Kirche sei einer der wenigen Orte für Choralvorspiele und Ähnliches. Auch die Kooperation mit Schulchören, Lörrach singt, „Stimmen im Advent“ und Gastspiele des Stimmen-Festivals in der Kirche wurden genannt. Zudem habe man den eigenen Gebäudebestand reduziert, etwa durch den Verkauf des Gemeindehauses in der Baumgartnerstraße. Zu wenig Beachtung hätten auch die Folgekosten gefunden, die durch das Auslaufen der Förderung entstehen. Gerade die Alte Feuerwache biete viele karitative Angebote, die ohne das Gebäude kaum möglich seien, ob beim Café Kirche oder der Flüchtlingsarbeit.
Der Ältestenkreis sammelt die Argumente für die Stadtkirche erarbeitet eine Stellungnahme für die Landeskirche. Vor dem Sommer soll es dann noch einmal eine Informationsveranstaltung geben.
Die Präsentation des Kirchenbezirks mit Hintergründen und Übersicht der Einstufungen im Kooperationsraum Lörrach finden Sie unter: mehr.bz/stadtkirche
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