Rhein-Neckar-Zeitung - Heidelberger Nachrichten, 11.04.2023

 

„Konflikte deeskalierend lösen“

Circa 250 Menschen nahmen am Ostermarsch des Friedensbündnisses teil – Schweigeminute für die Opfer sämtlicher Kriege

Von Volker Endres

Die Friedensbewegung ist alt geworden. „Da ist ja kaum einer dabei, der jünger als 50 Jahre ist“, fiel einem der Passanten in der Kunststraße auf. „Wir müssen es schaffen, auch jüngere Menschen für den Frieden zu begeistern“, räumte einer der Mit-Marschierer ein. Doch die Botschaft ist eindeutig: „Wir laufen für den Frieden und die Menschlichkeit“, sagte Hedwig Sauer-Gürth vom Friedensbündnis Mannheim. Rund 250 Menschen folgten am Samstag ihrem Aufruf und zogen als Ostermarsch vom Alten Messplatz zur Abschlusskundgebung zu den Kapuzinerplanken.

Augenscheinlich sind es vor allem die Menschen, die sich in den 1980er-Jahren gegen den Nato-Doppelbeschluss gewendet haben, die heute zu Ostern ihre Ziele mit Bannern und Sprechchören verfolgen. Max Hesslein vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt nannte einen Ansatz dafür: „Klimaschutz braucht Frieden“, erklärte er bei der Auftaktkundgebung auf dem Alten Messplatz.

Gerade mit Blick auf den Krieg in der Ukraine sehen sich die Friedensaktivisten aktuell Vorwürfen ausgesetzt. „Die Friedensbewegung ist gespalten. Man wirft uns vor, dass wir Putin-Versteher sind, während viele Waffenlieferungen an die Ukraine befürworten“, entrüstete sich Sauer-Gürth. Aber die Forderung nach Abrüstung sei für alle gleich. „Wir fordern, Konflikte ausschließlich deeskalierend zu lösen.“

Deshalb habe man das Zeigen nationaler Symbole verboten. „Ich lasse als Versammlungsleiterin keine Parteifarben zu. Wenn es eskaliert, werde ich die Versammlung sofort abbrechen“, so Sauer-Gürth. Immerhin: Rote Fahnen waren erlaubt. Als jedoch ein junger Mann mit Russland- und UdSSR-Fahne sich dem Friedensmarsch anschließen wollte, erhielt er noch auf dem Alten Messplatz einen polizeilichen Platzverweis. Die Meinung der regulären Teilnehmer stand hingegen auf einem der Plakate verewigt: „Scheiß Putin, Scheiß Nato, Scheiß Krieg, Scheiß Patriarchat“.

„Der Krieg ist wahrheits- und völkerrechtswidrig“, stellte Sauer-Gürth klar. Allerdings sei es aktuell nicht die einzige kriegerische Auseinandersetzung. Deshalb rief sie zu Beginn der Veranstaltung zu einer Schweigeminute für alle Opfer aller weltweiten Kriege auf. Tom Hauff vom Friedensbündnis Mannheim mahnte die Einhaltung von Grundrechten an: „Es gibt eine erschreckend hohe Zahl an Menschen, die sich nicht mehr trauen, ihre Meinung zu sagen, wenn diese von der Mehrheitsmeinung abweicht.“ So sehen sich die Verfechter des wahren Friedens Anfeindungen ausgesetzt, weil sie Waffenlieferungen in die Ukraine ablehnen. „Aber wer Menschen diffamiert und ausgrenzt, ist ein Verfassungsfeind.“ Für Ralf Heller, den Kreisverbandsvorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbunds, war die Demonstration der 250 Menschen ein wichtiges Signal: „Wir setzen damit ein starkes Zeichen für die europäische und internationale Friedensbewegung.“

Am Ostermontag unterstrichen die Friedensaktivisten ihre Forderungen dann mit einer Demonstration vor dem Eingang der Coleman-Barracks in Sandhofen, einem Militärumschlagplatz der US-Armee.