Weg frei für Solaranlagen auf Kirchen
Lange Zeit waren denkmalgeschützte Gebäude häufig tabu für Fotovoltaikanlagen. Seit Mitte des vergangenen Jahres ermöglichen nun neue Richtlinien des Landes, dass deutlich mehr Panels auf die Dächer kommen können.Und es bewegt sich doch etwas. Vor einem guten Jahr noch hatten Jochen Rapp von der Evangelischen Kirche in Baden und Konstanz’ Oberbürgermeister Ulrich Burchhardt (CDU) einen Brandbrief nach Stuttgart geschickt, weil der Denkmalschutz viel zu oft Fotovoltaik- und Solarthermieanlagen auf Kirchen, alten Rathäusern oder Industriebauten verhindere. Mittlerweile sei aber eine Genehmigung beinahe die Regel, betont nun Rainer Wehaus, der Sprecher des Landesministeriums für Wohnen. Und auch die Landeskirchen sagen, dass sich die Voraussetzungen „deutlich verbessert“ hätten, so etwa Dan Peter von der Evangelischen Landeskirche in Württemberg.
Tatsächlich haben die vier großen christlichen Kirchen im Land in ersten Workshops rund 200 denkmalgeschützte Gebäude mit Vertretern der Denkmalpflege besprochen. 74 von ihnen seien dann direkt, weitere 57 mit Auflagen als genehmigungsfähig erklärt worden, so Rainer Wehaus. Im April folgt eine weitere Runde, für die allein die württembergische Landeskirche 56 weitere Gebäude auf die Liste gesetzt hat.
Diese Wende hat sich im vergangenen Sommer vollzogen, als Wohnungsbauministerin Nicole Razavi (CDU) mit kurzen, aber wirksamen neuen Leitlinien die bisherige Praxis auf den Kopf gestellt hat. Denn jetzt gilt, wie es in den Leitlinien kategorisch heißt: „Die Genehmigung ist zu erteilen.“ Nur bei besonders starken Beeinträchtigungen des Denkmals kann die Untere Denkmalschutzbehörde, die Genehmigung verweigern.
Die häufigste Auflage ist, dass die Kollektoren die gleiche Farbe wie die Dachziegel bekommen müssen. Das sei etwa bei der Morizkirche in Rottenburg (Kreis Tübingen) aus dem 14. Jahrhundert der Fall, wie Gregor Moser von der Diözese Rottenburg-Stuttgart mitteilt, sind dort die Dachplatten rötlich. Gebäude, die zum Weltkulturerbe der Unesco gehören, wie das Kloster Maulbronn, erhalten keine Genehmigung.
Klimaneutral bis 2040
Natürlich stellt sich die Frage, warum die Kulturdenkmäler überhaupt mit solchen technischen Vorrichtungen verändert werden müssen – sie machen in Deutschland nur drei Prozent aller Gebäude aus. Doch bei den Kirchen und auch bei manchen Kommunen, sind teils die Hälfte aller Immobilien denkmalgeschützt.
Alle Kirchen im Land wollen klimaneutral werden. Gregor Moser rechnet zum Beispiel vor, dass die Diözese Rottenburg-Stuttgart bis zum Jahr 2038 insgesamt 1700 PV-Anlagen installiert haben will – derzeit seien es lediglich 231. Mehr oder weniger klimaneutral wollen alle vier großen christlichen Kirchen im Land im Jahr 2040 sein. Bauherr ist im Übrigen meist die Kirchengemeinde vor Ort.
Auch Jochen Rapp ist mittlerweile zufrieden. Auf der Leitungsebene sei das Landesamt für Denkmalpflege nun sehr kooperativ, sagt er, wobei natürlich auch schon früher Anlagen bewilligt wurden. Auf den unteren Ebenen gebe es aber manchmal weiter Probleme, weil Mitarbeiter den früheren Vorstellungen verhaftet geblieben seien.
Mit dem technischen Fortschritt werden aber vermutlich weitere Kulturdenkmäler eine Genehmigung erhalten können – viele setzen ihre Hoffnung auf neuartige Ziegel, in die kleine und fast unsichtbare PV-Anlagen integriert sind.