Die Zeichen deuten auf Fusionen
Die evangelische Kirche schrumpft. In der Gemeindeversammlung in Waldkirch wurde darüber gesprochen, wie die kirchliche Zukunft in der Stadt und den Partnergemeinden im Elztal trotzdem gesichert werden könne.
Waldkirch. Seit dem Abschied von Christian Lepper Mitte vergangenen Jahres ist die Pfarrstelle in Waldkirch nicht besetzt, die Vakanzvertretung hat der Vörstetter Pfarrer Martin Haßler übernommen. Bislang gibt es auch keine Bewerbungen für das Amt. Für die Kollnauer Pfarrstelle gibt es allerdings inzwischen einen Anwärter. Dies wurde jetzt in zwei Gemeindeversammlungen – eine in Waldkirch und eine in Kollnau – zeitgleich mitgeteilt und diskutiert. Bei der Gemeindeversammlung in Waldkirch stellte Haßler außerdem ein Strategiepapier der Badischen Landeskirche zur Zukunftssicherung und entsprechende Ideen für das obere Elztal vor. Entschieden ist noch nichts.
Besonders vier Entwicklungen würden der Landeskirche zu schaffen machen, so Haßler. Die Mitgliederzahlen sinken stark. Allein in Waldkirch habe es im Jahr 2022 63 Austritte gegeben, die Zahl der Gemeindemitglieder sei von 2636 im Jahr 2021 auf 2559 gesunken. In zehn Jahren werde zudem etwa ein Drittel weniger Geld aus Kirchensteuern zur Verfügung stehen. Seit 1960 habe sich der kirchliche Gebäudebestand in Baden verdoppelt, was nicht mehr finanzierbar sei. Bis 2036 werde es auch 30 Prozent weniger Pfarrer und Diakone geben. Angesichts dieser Herausforderungen reiche Sparen allein nicht aus. Nötig seien eine Reduktion, Transformation und Vernetzung in Kooperationsräumen. Man müsse sich von der Vorstellung verabschieden, dass Kirche nur in repräsentativen Gebäuden möglich sei – und es weiterhin eine Maximalversorgung von der Taufe bis zur Beerdigung durch studierte Theologen geben wird.
Im Gegensatz zum Katholizismus kenne der Protestantismus kein Weihepriestertum, Martin Luther habe vom allgemeinen Priestertum aller Gläubigen gesprochen. Jeder Getaufte könne Priester sein und Kirche sei dort, wo die Gläubigen zusammenkommen. Das könne auch das heimische Wohnzimmer sein. Aktuell gebe es in den Kirchengemeinden Waldkirch, Kollnau, Elzach und Oberprechtal drei Pfarrstellen und eine halbe Diakoninnenstelle, dazu komme noch eine halbe Diakoninnenstelle in der BDH-Klinik.
Grundsätzlich solle ein Hauptamtlicher 2000 bis 2500 Gemeindeglieder betreuen. Im genannten Gebiet wird es laut Prognose im Jahr 2036 rund 5000 Gemeindeglieder geben. Voraussichtlich werden dann nur noch zwei Pfarrstellen und eine Diakonenstelle existieren. Eine Pfarrstelle könnten sich Elzach und Oberprechtal teilen, die andere Waldkirch und Kollnau. In welcher rechtlichen Form diese Kooperationsräume zusammenarbeiten wollen, soll bis Ende 2025 geklärt werden. Möglich seien Optionen von teilselbstständigen Pfarrgemeinden bis hin zu Gemeindefusionen.
Was Waldkirch und Kollnau betreffe, würde eine Fusion sicher Synergieeffekte ermöglichen. Vor einer solchen Entscheidung müssten aber noch viele Gespräche geführt und auf Befindlichkeiten Rücksicht genommen werden. Es sei nicht einfach, zu klären, wer was abgeben solle.
Zur Zukunft der kircheneigenen Gebäude sagte Haßler, dass die neu renovierte Kirche in Waldkirch und das dortige Gemeindehaus sowie die Kirchen in Elzach und Oberprechtal langfristig genutzt werden sollen. Die Zukunft des Gemeindehauses Kollnau und des Waldkircher Pfarrhauses sei aber offen. In der Kollnauer Kirche gebe es einen erheblichen Sanierungsstau, eine energetische Sanierung könne nicht aus eigener Kraft gestemmt werden. Problematisch sei auch der bauliche Zustand des Gemeindehauses in Oberprechtal. Diese Gebäude könnten eventuell vermarktet werden.
Nicht zu Disposition stehe der evangelische Kindergarten in Waldkirch, er soll sogar erweitert werden. 80 Prozent der Unterhaltskosten trage die politische Gemeinde. Kirchengemeinderätin Ulrike Wölker teilte mit, dass der Gemeinderat für dieses und das nächste Jahr 1,3 Millionen Euro hierfür in den Haushalt stellen wolle. Vor allem dank einer Spende von Waldkirchs Ehrenbürgerin Gisela Sick könne die Kirchengemeinde ihren Eigenanteil finanzieren.
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