Es gibt viel weniger Taufen als Beerdigungen
Dekanin Christiane Glöckner-Lang ging auf die Strukturreform der evangelischen Landeskirche ein
Von Christiane BarthSpechbach. Die evangelischen Kirchengemeinden Epfenbach und Spechbach sollen „nicht auseinandergerissen werden“. Trotz Strukturreform. Dies betonte Dekanin Christiane Glöckner-Lang bei der Gemeindeversammlung, als sie über die anstehenden Veränderungen in der Landeskirche informierte.
Das Dekanat Kraichgau befinde sich gerade mitten in einem dreijährigen Strategieprozess, bei dem die Gebäude, die Strukturen und die Pfarrstellen auf dem Prüfstand stehen. „Wir biegen allmählich auf die Zielgerade ein“, so die Dekanin zum Fortschritt. Warum dieser Prozess? In den vergangenen zehn Jahren verlor das Dekanat rund 6000 Gemeindeglieder. „Das liegt aber nur zur Hälfte an Kirchenaustritten, die andere Hälfte ist Demografie: Es gibt einfach viel weniger Taufen als Beerdigungen“, erklärte Glöckner-Lang. „Wie muss Kirche heute aufgestellt sein, um die Anliegen der Menschen künftig aufzunehmen?“, fragte sie und erklärte: „Wir müssen schauen, wie wir mit unserem Haushalt zurechtkommen, denn unsere Finanzzuweisungen gehen immer weiter zurück.“
Der Kirche fehle es auch an Theologen: „In den nächsten Jahren sehen wir eine große Ruhestandswelle auf uns zukommen. Es rücken leider nicht so viele nach“, verdeutlichte die Dekanin. Da die Gemeindestellen „nicht verwaisen sollen“, der Nachwuchs aber fehlt, müsse umgedacht werden. Und das geht so: Das Dekanat Kraichgau hat derzeit 28 Pfarrstellen. Da sich diese schon alleine durch die Ruhestandswelle reduzieren werden, müsse festgelegt werden, wo es künftig noch Pfarrsitze geben soll.
Die Pfarrer sollen außerdem für die gesamte Region, also im hiesigen Fall für die Nord-Region des Dekanats, zuständig sein. Auch die Gemeinden, die keine Pfarrstelle mehr besitzen, sollen Seelsorger als feste Ansprechpartner zugeteilt bekommen. Die Pfarrer würden sich ab dem Jahr 2025 in Dienstgruppen organisieren und in Aufgabengebiete einordnen: „Wir gehen im Moment nicht mehr so sehr von geografischer Aufteilung aus,“ sagte Glöckner-Lang.
Die Nord-Region des Bezirks verfüge noch über sechs Pfarrstellen. Bis zum Jahr 2036 sollen es nur noch vier sein. Wo die Pfarrsitze künftig sein werden, müsse noch geklärt werden. „Das hängt auch davon ab, wie gut die Gebäude instand sind“, erwähnte die Dekanin. Da die „Pflege Schönau“ das Epfenbacher Pfarrhaus mitfinanziert, geht die Dekanin davon aus, dass die Gemeinde weiterhin Pfarrsitz bleibt.
Das Dekanat Kraichgau setzt sich aus 46 Gemeinden und rund 45 000 Gemeindegliedern zusammen. Der Prozess der Umstrukturierung werde durch die 140 kirchlichen Gebäude – darunter 49 Kirchen, 36 Gemeindehäuser und zahlreiche Kindertagesstätten – erschwert, führte die Dekanin aus. Der Kraichgau ist der Bezirk mit den viertmeisten kirchlichen Gebäuden in Baden. Epfenbach und Spechbach seien mit einem „riesengroßen Glück“ gesegnet, denn die Kirchen dieser Gemeinden gehören zum Großteil der „Pflege Schönau“. So stehe die Gebäudeampel auf Grün, denn die Landeskirche wolle alle Gebäude, die in den Händen auch anderer Eigentümer sind, bei Renovierungen bezuschussen. Die Landeskirche habe einen „Deckelungswert“ festgesetzt: 39 Millionen Euro stehen zur Verfügung. „Aber bei 140 Gebäuden ist das gar nicht so viel“, meinte die Dekanin. „Wir müssen festlegen, welche Gebäude wir künftig noch von der Landeskirche bezuschussen lassen.“
Auch die Organisation der Verwaltung steht auf dem Prüfstand. Denn die Theologen könnten nicht „mehrere Pfarrämter bespielen“. Glöckner-Lang sprach davon, „größer zu denken“, möglicherweise in Richtung Zentralisation. Und sie unterstrich: „Wir müssen jetzt nicht zwangsfusionieren, aber wir werden merken, dass es so nicht mehr funktioniert, weil wir weniger Kollegen werden, aber trotzdem für alle da sein wollen.“ Es gebe auch Überlegungen, die Bezirksgrenzen zu optimieren.
Darüber hinaus sollen die Ehrenamtlichen nicht überfordert werden. „In der Landeskirche merken wir, dass auch viele Ehrenamtliche an ihre Grenzen kommen“, sagte die Dekanin und kündigte an, dass künftig die Arbeit im gleichen Umgang nicht mehr möglich sei, dass aber „gewinnbringende“ – also beliebte Gruppen, Kreise und Arbeitsfelder – erhalten bleiben sollen. Sie sei zuversichtlich, „dass wir trotzdem noch Kirche sind“. Beschlossen werden sollen die Veränderungen im Herbst dieses Jahres.
Werner Braun, Vorsitzender des Kirchengemeinderats und Bürgermeister, ging außerdem auf das „Grüner-Gockel“-Team, eine Umwelt-Zertifizierung, ein. „Für uns ist das eine wichtige Sache, weil das auch ein Grundstock war zur Finanzierung unserer Baumaßnahmen“, sagte Braun. So seien die Heizungs- und Lüftungsanlage in der Kirche sowie die Heizung im Martin-Luther-Haus saniert worden.
Was sonst noch geschah bei der Gemeindeversammlung? Lore Streib, die sich mehrere Jahrzehnte lang im Besuchsdienstkreis engagierte, wurde von Pfarrerin Ulrike Walter geehrt. Und Manuela Weiss sowie Thorsten Meister wurden in den Versammlungsvorsitz gewählt.