Sanierungsmittel nur noch für eine Kirche
Die evangelische Landeskirche steht vor tiefgreifenden Veränderungen. Was das unmittelbar vor Ort bedeutet, darum ging es in der Versammlung der drei Bleichtalgemeinden am Sonntag in Broggingen.
Herbolzheim Die Gemeindeversammlung sei mit rund 60 Personen gut besucht gewesen, betont Pfarrer Botho Jenne am Montag im BZ-Gespräch. Die Menschen seien betroffen gewesen, doch man habe die Notwendigkeiten vermitteln und Ängsten begegnen können. Neben Jenne informierten auch Doris Daute als Vertreterin in der Landessynode und des Bezirkskirchenrats und Hartmut Engler.
Die bevorstehende Strukturreform ist getrieben von der Tatsache, dass die Zahl der Kirchenmitglieder und damit auch der Kirchensteuerzahler stetig sinkt. Besonders schmerzhaft seien Austritte von Menschen am Beginn ihres Erwerbslebens, hatte der Pfarrer bereits in seiner Einladung zur Versammlung betont.
Damit die Arbeit auch mit perspektivisch deutlich weniger Mitteln geleistet werden kann, ist zum einen eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den bislang eigenständigen Kirchengemeinden erforderlich. Gerade im Bleichtal mit insgesamt rund 1300 Gemeindemitgliedern habe man hier schon vieles erreicht. Doch die Reform geht noch weiter: Zum künftigen Kooperationsraum gehören auch die Teamgemeinden Herbolzheim mit Ringsheim und Weisweil mit Rheinhausen – insgesamt rund 5500 Gemeindemitglieder. Die Hauptamtlichen all dieser Gemeinden bilden ab 2024 eine Dienstgruppe, in der die strenge Zuständigkeit zu einzelnen Pfarrstellen wegfällt. Vielmehr werde man gemeinsam eine Aufgabenverteilung nach Notwendigkeit und Begabung finden müssen. Bis 2032 sind laut Jenne alle drei Pfarrstellen im Kooperationsraum gesichert, danach soll eine Stelle wegfallen.
Mit der verstärkten Zusammenarbeit über Gemeindegrenzen hinweg hatten sich die Kirchengemeinderäte aller Gemeinden laut Jenne bereits bei einer gemeinsamen Sitzung im Februar beschäftigt. Über die Ergebnisse und angestoßenen Projekte berichtete Hartmut Engler am Sonntag. So soll die gemeinsame Konfirmandenarbeit weiter verstärkt werden. Am 24. September ist ein gemeinsamer Gottesdienst in Herbolzheim geplant, eventuell in Verbindung mit einer Sternfahrt und Rahmenprogramm. Für Familien ist die Initiative „Abenteuer Kirche“ geplant; außerdem will man Erwachsenen Angebote machen, rund um Glaubensthemen ins Gespräch zu kommen. Stärker zusammenbringen wollen die Gemeinden auch die verschiedenen Kirchenmusik-Formationen. All das sei zwar noch weitgehend in der Projektphase, aber man habe in den Gremien miteinander eine gute Basis auf persönlicher Ebene gefunden, resümiert Botho Jenne. Nun werde man sich vertrauensvoll und offen miteinander der neuen Struktur stellen. Auf diversen Ebenen gebe es bereits Beziehungen und Begegnungen.
Einsparungen plant die Landeskirche aber nicht nur längerfristig beim Personal, sondern auch beim Gebäudebestand. Die Bewirtschaftungskosten werden noch bezuschusst, etwaige Sanierungen aber nicht mehr automatisch bei jedem Gebäude. Für Gebäude, die laut Bewertung des Kirchenbezirks „grün“ eingestuft sind, gibt es auch künftig Baubeihilfen, erläutert Jenne, bei Gebäuden der Stufe „gelb“ ist diese Frage noch offen. Bei „rot“ gibt es keine Sanierungszuschüsse mehr aus zentralen landeskirchlichen Mitteln. Mit „rot“ eingestuft wurden in den Bleichtalgemeinden die beiden Kirchen in Broggingen und Tutschfelden, während die Wagenstadter Kirche „grün“ erhielt. Als Hintergrund nennt Jenne, dass sie am vielseitigsten nutzbar und obendrein behindertengerecht sei. Auch Parkplätze seien kein Problem.
Aufgegeben werden sollen die anderen beiden Kirchen aber keinesfalls, betont der Pfarrer. Beide Kirchen seien erst in den letzten Jahren saniert worden und in einem guten baulichen Zustand. Man werde sie daher weiter betreiben und auf den grundsätzlichen Erhalt der Bausubstanz achten. Jenne: „Was in 20 oder 30 Jahren sein wird, weiß niemand.“
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