Abschied vom aufregenden Kirchenleben
Abschiednehmen hieß es für Pfarrer Christian Rave. Nach zehn Jahren im Kleinen Wiesental geht der engagierte Kirchenmann in den Ruhestand.
Kleines Wiesental Sehr gut besucht war die Laurentiuskirche in Tegernau zum offiziellen Abschiedsgottesdienst von Pfarrer Christian Rave, der nach zehn Jahren Pfarrtätigkeit im Kleinen Wiesental seit 2022 nur noch mit einem halben Deputat im Verband tätig war. Der letzte Gottesdienst Raves fand im Zusammenhang mit einer Verbandsversammlung der evangelischen Kirchengemeinde statt (wir berichten noch). Der Musikverein Tegernau hatte es sich nicht nehmen lassen, den Gottesdienst musikalisch zu umrahmen.
Der Abschiedsgottesdienst erwies sich als emotional und berührend. Pfarrer Rave sagte: „Der besondere Anlass heute lässt mich nun auch nicht kalt und ich freue mich, hier in meiner alten Kirche nochmals Gottesdienst zu feiern.“ Für seine Predigt hatte Rave einen Text aus dem 5. Buch Moses ausgesucht. Es war die große Abschiedsrede von Moses, wonach sein Volk nach 40 Jahren des Umherirrens ohne ihn über den Grenzfluss zieht.
Dies war für den künftigen „Emeritus“ die passende Überleitung, um einen kurzen Überblick über seine beruflichen Stationen im Dienste der evangelischen Kirche zu geben. Rave sagte: „Im letzten Jahr habe ich in aller Stille die 40 Jahre seit meiner Ordination am 9. Mai 1982 in einer alten evangelisch-lutherischen Kirche in Amsterdam gefeiert. Fast nichts im Rückblick auf diese 40 Jahre hätte ich mir träumen lassen.“
Neben seiner Tätigkeit als Pfarrer in einer kleinen Gemeinde im Norden von Amsterdam hatte er noch einen kirchlichen Sonderauftrag für die Hilfsorganisation „Brot für die Welt“ zu erfüllen, der ihn in Kontakt mit allerlei kirchlichen Gemeinden in der Welt – unter anderem nach Namibia – brachte. Auch war er an einem Modell als Mitgründer des Fairen Handels mit Kaffee beteiligt. Die Rückkehr nach Deutschland führte Christian Rave zunächst nach Waldshut, später nach Freiburg als Pfarrer für die Studierenden und für die Hochschulen. Dabei lernte er die heutige Dekanin Bärbel Schäfer kennen, die im Breisgau als junge Pfarrerin tätig war. Schmunzelnd berichtete Rave von einem „weiteren Auslandsaufenthalt“ nach der Freiburger Zeit in Stuttgart. Dort war er verantwortlich für die Begleitung junger Studierender und für „Brot für die Welt“.
Vor zehn Jahren habe dann ein Stellenwechsel nach Berlin erfolgen sollen, doch Rave, der stets Landpfarrer werden wollte, legte Einspruch ein: Seine Ehefrau Eva und er entschlossen sich, einem Ruf ins Kleine Wiesental zu folgen, und fanden hier einen „Ort des Bleibens“. Sehr schnell fühlten sich die Eheleute zuhause und schlossen die Menschen mit ihrer rauen und direkten Art ins Herz. Trotz alledem sei das Tal aber nicht paradiesisch, weiß Rave nach seiner Zeit als Pfarrer: „Wie überall wird auch hier gelacht und gestritten, gefeiert und gelitten.“
Dekanin Schäfer sagte: „Dies ist ein besonderer Tag mit einem besonderen Gottesdienst.“ Christian Rave habe im vergangenen Jahr mit einem halben Deputat noch weitergearbeitet, um die Strukturveränderungen im Verband und die anstehende Fusion der beiden Kirchengemeinden zu vollenden. Beabsichtigt war, die Verabschiedung zu feiern, wenn die Auflösung des Kirchenverbandes und die Fusion mit den wichtigsten Schritten erfolgt sei. Dekanin Schäfer übergab Christian Rave eine Urkunde zum Eintritt in den Ruhestand bei der Badischen Landeskirche. Auch erinnerte sie sich an gemeinsame Freiburger Zeiten: Ihren Kollegen Christian Rave habe sie als „polyglotte Nachteule“ erlebt. Dieser arbeitete gerne bis spät in die Nacht und hatte für die Studierenden ein neues Format, den „Nachteulen-Gottesdienst“ geschaffen.
Schäfer bedankte sich bei Rave, der auch Verantwortung als Landessynodaler übernommen hatte, und sagte: „Wir freuen uns, dass Du in Wieslet mit Deiner Frau im alten Pfarrhaus Anker gefasst hast.“
Birgit Dreher für das Vorderes Kleines Wiesental und Ralf Kropf für das Obere Kleine Wiesental bedankten sich mit Präsenten bei dem Geistlichen . Ralf Kropf erinnerte an die Neuerungen, die Christian Rave im Kirchenleben des Kleinen Wiesentals angestoßen hat. Als Beispiel nannte er den Neujahrsempfang als „Inventur" des Gemeindelebens, die Osternachtfeier mit Osterfrühstück im Sonnenaufgang oder auch das Kirchenkino.
Die Heiligabend-Andachten in den Dörfern fanden ein großes Echo, inzwischen finden sich rund 500 Besucher ein, was einer Verfünffachung der Zahlen vor Raves Dienstzeit entspricht.„Unvollendet“ sei noch die Kircheneintrittskampagne. Die neue Kirchengemeinde, deren Entstehung Christian Rave noch mitorganisiert hat, trägt den Namen „An der Kleinen Wiese“.
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