Zu Besuch bei der „ersten Liebe“
Prälat Traugott Schächtele macht mit seiner Abschiedstour Station in Bruchhausen / Viele Gläubige hören seine Botschaft Johannes-Christoph WeisEttlingen-Bruchhausen. Seit 2010 ist er Prälat für den Kirchenkreis Nordbaden der Evangelischen Landeskirche Baden: Mit einer Abschiedstour an früheren Wirkungsstätten geht Traugott Schächtele mit 66 Jahren in den Ruhestand. Dabei führte ihn der Weg an seine erste Wirkungsstätte ins evangelische Gemeindezentrum Bruchhausen. Dort warteten auf ihn nicht nur Pfarrerin Christine Wolf und der harte Kern der Pfarrei. Viele Menschen waren gekommen, um mit ihrem früheren Seelsorger ein Wiedersehen zu feiern. Von 1992 bis 1998 war Schächtele dort Gemeindepfarrer der Luthergemeinde in Ettlingen.
Im Gespräch wird schnell klar, welche Bedeutung für ihn die Zeit in Ettlingen hatte. „Die Luthergemeinde war gewissermaßen die ,erste Liebe‘ in der pfarramtlichen Arbeit“, bringt der promovierte Theologe es auf den Punkt. Allein das sei berufsbiografisch von bleibender Bedeutung.
Für Schächtele war am Sonntag die Freude groß, das Bruchhausener Geläut zu hören: „Das ist in meiner Zeit als Pfarrer installiert worden.“ Zu Beginn seiner Predigt sprach er davon, wie wichtig ein „Zurück zu den Wurzeln“ ist. Danach ging es ganz nach evangelischer Tradition um die Auslegung des sonntäglichen Bibeltextes über Jesaja 55 folgende und seine Relevanz für die Menschen – im Blick auf Persönliches, aber auch auf das Erdbeben und den Ukraine-Krieg. „Predigen heißt, den Menschen im Wort Gott näherzubringen und ihn erfahrbar zu machen; ihnen zuzusprechen, dass sie wertvoll sind“, sagt Schächtele im BNN-Gespräch.
Auf die Frage „Wie ist die Landeskirche noch an den Menschen, der jungen Generation, dran?“ antwortet Schächtele: „Wir investieren als Landeskirche derzeit viel Zeit und viele Ressourcen in die Mitgliederbindung. Gleichzeitig müssen wir auch neue Mitglieder gewinnen. Wir müssen werben für Taufe, Konfirmation und Trauungen.“
Aber man könne immer noch mehr tun. Es sei nicht die Zeit, sich zufrieden zurückzulehnen. Gerade Jugendarbeit sei ganz besonders wichtig, aber auch der Religionsunterricht. „Durch ihn erreichen wir immer noch viele junge Menschen“, meint der Prälat. Und weiter: „Wir müssen für die kirchlichen Berufe werben. Wir brauchen dringend junge Menschen, die Pfarrerin oder Pfarrer, Diakonin oder Diakon werden wollen.“
Was sind für Schächtele die größten Herausforderungen, damit es auch noch Mitte des 21. Jahrhunderts in Baden lebendige evangelische Kirchengemeinden gibt?„Womöglich müssen wir unsere vertrauten Formen der Gemeinden durch weitere Formen ergänzen: Profilgemeinden, die sich bestimmter Themen und Personengruppen besonders annehmen“, sagt er. Aber am Ende gehe es immer darum, das Volk Gottes als Ganzes zu versammeln. „Wir sind dankbar, dass wir das Kirchensteuersystem haben“, betont der Geistliche. Aber parallel dazu müsse man sich auf neue Formen der Finanzierung kirchlicher Arbeit einstellen. Eine der großen Herausforderung für die Kirche sei die Sprache. Luther habe nicht umsonst aufgefordert, „dem Volk aufs Maul zu schauen“.
Noch ein Wort zur Ökumene: Wie hat er diese damals in Ettlingen erlebt? „Manchmal denke ich: Früher ging ökumenisch zumindest schon genauso viel wie heute. Und ich hatte wunderbare, manchmal durchaus auch streitbare Kollegen auch in der römisch-katholischen Kirche.“ Sichtbarer Ausdruck davon: „Wir haben damals die ACG, die Arbeitsgemeinschaft christlicher Gemeinden in Ettlingen gegründet. Und die Aufbruchsstimmung war sogar größer als heute oft.“ Andererseits sei die Basis in den Kirchen mutiger geworden. Die Richtung der Ökumene werde nicht mehr nur allein in den Kirchenleitungen bestimmt.