Mannheimer Morgen Stadtausgabe, 24.01.2023

 

„Trauriger Rekord“ in der Vesperkirche

Armut: In 15 Tagen mehr als 8700 warme Essen ausgegeben

Zur Halbzeit der Mannheimer Vesperkirche berichten die Organisatorinnen und Organisatoren von einem „traurigen Rekord“: Seit Beginn haben sie täglich im Durchschnitt mehr als 600 Essen an Bedürftige ausgegeben. Insgesamt verzeichneten sie im Zeitraum vom 8. bis zum 22. Januar mehr als 8700 Gäste in der Vesperkirche. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Nachfrage laut Pressemitteilung gestiegen: Knapp 7000 Essen waren es in 2022 zur Halbzeit.

„Es greifen mehr Menschen als sonst auf das Angebot zurück. Hinzu kommen die kalten Temperaturen“, sagt Pfarrerin Ilka Sobottke. Den Höchstwert bildete der vergangene Dienstag, an dem 730 Essen ausgegeben wurden. Aufgrund der starken Nachfrage musste das Team improvisieren und Vorräte ausgeben.

Positiv macht sich dabei bemerkbar, dass die Anzahl der Personen, die die warme Mahlzeit vor Ort zu sich nehmen, überwiegt. Nur noch knapp ein Drittel aller Essen werde als „To-go-Essen“ ausgegeben – im Durchschnitt 166 Mahlzeiten pro Tag. „Dass sich der Hauptbetrieb wieder traditionell in der Kirche abspielt, macht Freude, ist natürlich auch platztechnisch wieder eine Herausforderung, aber wir kriegen das hin“, so Pfarrerin Anne Ressel.

Krieg, Inflation und Energiekrise

Eine weitere Beobachtung: Es werden von Tag zu Tag mehr Gäste. Zu Beginn der Vesperkirche gaben sie pro Tag noch rund 430 Essen aus. „Es ist besorgniserregend, wie viele Menschen in die Vesperkirche kommen ,müssen‘“, berichtet Ressel. Das soziale Klima entwickle sich in eine Richtung, die dramatisch sei, die sich aus den Krisen der vergangenen Monate speise. „Krieg, Inflation, Energiekrise und auch die Pandemie haben einfach ihre Spuren hinterlassen“, ergänzt Sobottke. Es seien eben nicht nur Obdachlose, sondern auch viele alte Menschen, psychisch Erkrankte und Menschen, die allein leben und nach Gemeinschaft suchen oder die im Bereich des Niedriglohnsektors arbeiten.

Die 26. Mannheimer Vesperkirche endet am 5. Februar. Sie wird durch Spenden finanziert und getragen von der Evangelischen Kirche in Mannheim sowie von ihrem Diakonischen Werk. red