BADISCHE NEUESTE NACHRICHTEN - Brettener Nachrichten, 31.12.2022

 

Sie will Perspektiven eröffnen

Martin Stock

Viktoriia Reva ist in der Flüchtlingsarbeit des CVJM Baden tätig

Kraichtal. Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat Viktoriia Reva „eiskalt erwischt“ als sie ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) beim CVJM Baden absolvierte. Plötzlich war sie von ihrer Heimat und Familie abgeschnitten. Sie war und ist weiterhin sehr in Sorge um ihre Familie. Diese lebte ursprünglich auf der Krim und zog nach der russischen Besetzung der Halbinsel von dort in den Westen der Ukraine.

Viktoriia Reva hat Anglistik und Germanistik studiert. Sie wollte ihr Deutsch verbessern und kam mit diesem Wunsch nach Deutschland zum CVJM Baden ins Jahresteam des CVJM-Lebenshauses im Schloss Unteröwisheim. Damals war noch nichts vom Kriegsgetöse zu hören. Das Jahresteam sind junge Menschen, die Schule oder ihre Berufsausbildung absolviert haben und für ein Jahr eine Lebensgemeinschaft im CVJM-Lebenshaus bilden. Sie widmen sich verschiedenen Aufgaben in Haus und Hof, im Gästebetrieb und in der Holzwerkstatt, in der Küche und im Service.

Im Lebenshaus konnte Viktoriia Reva unmittelbar eintauchen in die fremde Sprache und Kultur. „Es war anfangs nicht so einfach“, sagt sie. „Doch ich würde es wieder so machen. Es ist der beste Weg, Deutsch zu lernen, wenn man sich nicht anders verständigen kann.“ Ihr Aufgabenbereich im Jahresteam wurden recht bald die Angebote des CVJM für Geflüchtete. Dort arbeitete sie eng mit Annika Völker zusammen, CVJM-Sekretärin und Verantwortliche für das Projekt „Damit Geflüchtete Heimat finden“.

Viktoriia Reva konnte den Menschen auf Augenhöhe begegnen, denn auch sie war fremd in Deutschland – nur ohne Flucht. „Ich habe viel gelernt in dieser Zeit. Auch wie es Menschen geht, die nach einer Flucht wieder neu anfangen müssen in einer fremden Kultur“, sagt Reva. Nun ist sie selbst eine Vertriebene in Sorge um ihre Familie, die immer noch in der Ukraine lebt – aber sie ist mutig genug, sich in Deutschland weiter zu engagieren. So wurde sie der CVJM Baden nach Ablauf ihres FSJ fest angestellt für das Nachfolgeprojekt „Myr u sertsi“ (ukrainisch) – zu Deutsch: „Frieden im Herzen“.

Als der Krieg ausbrach, war klar, dass Deutschland wieder mit einer großen Zahl von Menschen auf der Flucht rechnen musste. „Im CVJM-Lebenshaus haben wir für einige Monate mehrere Familien aufgenommen und ihnen so viel wie möglich geholfen, sich an das neue Leben in Deutschland zu gewöhnen“, erzählt Viktoriia Reva. So wuchs sie immer stärker in die Arbeit mit Geflüchteten hinein. Jetzt will die junge Frau die Angebote des CVJM Baden für Flüchtlinge, nicht nur aus der Ukraine, weiter ausbauen. Dazu gehören Beratung der CVJM-Ortsvereine, Aufbau eines Netzwerks mit Ehrenamtlichen und praktische Hilfsangebote verschiedenster Art.

„Mit Freundlichkeit und Gastfreundschaft wollen wir Licht in das dunkle Erleben auf der Flucht bringen und Perspektiven für die Zukunft eröffnen“ sagt Viktoriia Reva. „Es ist eine Politik der kleinen Schritte, die aber hoffentlich hilfreich sind.“