Warm anziehen und zusammenrücken
Schönaus Stadtkirche ist jetzt im dritten Winter ohne Heizung
Von Felix Hüll
Schönau. Nach dem Corona-Totalausfall 2020 und nach einer eingeschränkten Feier 2021 wäre in der Stadtkirche Schönau an diesem 24. Dezember wieder die Weihnachtsfeier wie früher möglich gewesen – wenn da nicht die bereits seit zwei Jahren defekte Heizung wäre. Sie auszutauschen scheitert – wie allerorten bei manchem anderem Bauvorhaben auch – an den Lieferschwierigkeiten von benötigten Materialien sowie am Fachkräftemangel. Der Weihnachtsgottesdienst findet zwar statt, aber wer kommt, sollte sich gut und vor allem warm anziehen.
„Das ist für uns nun schon der dritte Winter ohne Heizung“, bedauert Pfarrerin Agnes Seyferth die Situation, an der die Gemeinde leider nichts ändern könne. Sie blickt zurück: Schon im November 2020 war als Schaden beim Warten der bisherigen Ölheizung festgestellt worden, dass aus durchgerosteten Lüftungsrohren giftiges Kohlenmonoxid austreten und Kirchenbesucher gefährden könnte (die RNZ berichtete). „Die Betriebsgenehmigung für die Heizung wurde entzogen“, so Seyferth. Gottesdienste fanden daher nicht mehr in der Kirche, sondern im Gemeindehaus statt.
Der Weihnachtsgottesdienst mit Kindergarten wurde in den Vorjahren meist von bis zu 300 Personen besucht. Im Corona-Jahr 2020 erfolgten die Christfestgottesdienste dann ohnehin online. Ursprünglich hatte Pfarrerin Seyferth die Hoffnung, dass der Ersatz durch eine Pelletheizung bis zum Herbst 2021 unter Dach und Fach gebracht sein sollte. Aber daraus ist nichts geworden.
Am Anfang stand das Ausschreibungs- und Genehmigungsverfahren und als die Handwerksbetriebe beauftragt waren, ergaben sich weitere Verzögerungen durch einen allgemeinen Baustopp der Landeskirche. Nachdem diese inzwischen die Mittel für einen ersten Bauabschnitt frei gegeben hat, wurden die Arbeiten wieder möglich, die mit dem Heizungstausch in Zusammenhang stehen oder als Vorarbeiten mit dazu gehören. Zu den dringenden Reparaturen zählten die neuen Leitungen für Regenwasser, zudem wurden die unteren Enden der Fallrohre neu aus Kupfer angebracht. Die alte Ölheizung wurde abgebaut. Dazu war der noch teils gefüllte Öltank zu leeren, zu zerlegen und aus dem Heizungskeller abzutransportieren. Er ist jetzt komplett leer, enthält lediglich schon den neuen Estrich.
Neben der fehlenden Heizung hat Schönaus Stadtkirche noch das Problem der zu hohen Luftfeuchtigkeit. Deswegen sollen weitere Kippfenster installiert werden, die man über Sensoren steuern kann – je nachdem, wie es die dann automatisch gemessene Raumfeuchtigkeit erfordert. Dazu müssen Kupferrohre für Stromleitungen angebracht und an den Fenstern kleine Elektromotoren installiert werden.
Eine weitere Maßnahme ist, offene Fugen an einigen der Strebepfeiler provisorisch abzudichten, damit durch sie nicht weiter Feuchtigkeit ins Mauerwerk eindringen kann. Seyferth: „Wir hoffen, dass sich die Luftfeuchtigkeit im Kirchenraum dadurch senken lässt und unsere Orgel vor weiterem Schimmelbefall geschützt werden kann.“
Schönaus Kirchengemeinde geht davon aus, dass das von der Landeskirche verhängte Baumoratorium Ende 2023 ausläuft. Solange der Baustopp gilt, können allerdings weder Handwerker-Angebote eingeholt geschweige denn Aufträge vergeben werden. Die Finanzierung der dringlichen Vorhaben ist in Schönau gar nicht einmal das Problem – Geld dafür ist vorhanden. Es kommt von der Stiftung (vormals Pflege) Schönau, die Gemeinde selbst ist am Heizungstausch nur zu einem geringen Prozentsatz beteiligt. Die Stiftung hat die Mittel zugesagt. Außerdem kann die Gemeinde mit Zuwendungen des Denkmalschutzamtes sowie der Deutschen Stiftung Denkmalschutz rechnen. Die Orgelsanierung allerdings wird sie selbst bezahlen müssen.
Aber jetzt, wenige Tage vor Weihnachten, steht die Kirche nun im dritten Jahr ohne Wärmequelle für den Innenraum da, weil die bekannten Lieferschwierigkeiten und der Fachkräftemangel einen rechtzeitigen Einbau bislang verhinderten. So fehlt beispielsweise der Brennkessel. Seyferth: „Der nächste Termin ist nun März 2023. Da haben wir Jubelkonfirmation. Und weil man oft auch im März noch heizen muss, hoffen wir, dass das bis dahin klappt. Das ist das Ziel, auf das wir jetzt hinarbeiten.“
Bis dahin allerdings bleibt es in der Stadtkirche frisch. Seyferth: „Wir raten den Besuchern, sich warm anzuziehen.“ Die Pfarrerin will nicht ausschließen, dass zu diesem Weihnachtsfest, zu dem im späten Gottesdienst der Chor singen wird, diesmal weniger Menschen als erwartet kommen – sei es, dass sie zu Hause bleiben oder eventuell in andere Kirchen gehen, etwa nach Altneudorf.
Wer allerdings ohne Befürchtungen vor Erkältung oder der Pandemie zur Weihnachtsfeier kommt, mag selbst entscheiden: Es ist genug Platz vorhanden, um mit Abstand zueinander zu feiern. Es ist aber durchaus zulässig, näher zusammenzurücken, denn je mehr Besucher, desto mehr wärmt sich der Kirchenraum durch die Anwesenden auf.