Pforzheimer Zeitung, 20.12.2022

 

Religionen lassen gemeinsam Lichter leuchten

Erstmals wird zusammen Advent und Chanukka gefeiert.

Festakt im CCP soll Zeichen für Frieden und Verständigung setzen.

Claudia Keller
| Pforzheim

Mit einem großen Festakt haben die Israelitischen Religionsgemeinschaften Baden und Württemberg, die Evangelischen und Katholischen Kirchen in Baden und Württemberg sowie die Stadt Pforzheim ein gemeinsames Zeichen für Frieden und Verständigung gesetzt. Zu den Gästen gehörte auch Landtagspräsidentin Muhterem Aras. Der Festakt wurde live auf der Internetseite des Landtags übertragen.

Unter dem Motto „Mache dich auf, werde Licht, denn dein Licht kommt“, feierten die israelitischen Religionsgemeinschaften und die christlichen Kirchen erstmals zusammen Advent und Chanukka. Rami Suliman, Vorsitzender der Israelitischen Religionsgemeinschaften Baden sowie der jüdischen Gemeinde Pforzheim, Christiane Quincke, Dekanin der Evangelischen Kirche Pforzheim und Tobias Gfell, Dekanatsreferent des Katholischen Dekanats Pforzheim traten im CCP vor hochrangigen Landesvertretern der Religionen und Politikern aus Bundestag und Landtag gemeinsam als Moderatorenteam auf. „Heute ist der vierte Advent und heute ist auch der erste Tag Chanukka“, sagte Suliman. Er nannte auch das Ende des Reuchlinjahres und das in dieses Jahr hinein verlängerte Festjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ als weitere Feiergründe.

„Es ist uns eine Freude, dass wir den Festakt hier in Pforzheim ausrichten“, sagte Quincke. Man sei stolz auf Johannes Reuchlin, der in Pforzheim geboren wurde und sich für den Erhalt jüdischer Schriften und Traditionen eingesetzt habe. Ein symbolischer Höhepunkt des Abends war die Entzündung der ersten Chanukkakerze durch den badischen Landesrabbiner Moshe Flomenmann zusammen mit Muhertem Aras. Die vier Kerzen des Adventskranzes leuchteten bereits auf der anderen Seite der Bühne, so dass das Licht beider Religionen den Abend begleitete.

„Gemeinsam das Licht zu entzünden, soll Positivität in die Welt bringen“, sagte Flomenmann. Der Abend sei ein Symbol für interreligiöse Gemeinschaft, stellte Aras fest. Jüdisches Leben sichtbar zu machen, sei ein Beitrag, um die Selbstverständlichkeit religiöser Vielfalt zu repräsentieren. Sie hob hervor, dass Religionsfreiheit Bestandteil des Grundgesetzes ist, und alle in der Religionsausübung frei sein sollen. „Ein Licht zu verbergen und unter einen Eimer zu stecken, würde bedeuten, es auszulöschen“, sagte Erzbischof Stephan Burger von der Erzdiözese Freiburg und rief dazu auf, Antisemitismus und Antijudaismus zurückzuweisen und dabei gemeinschaftlich zu handeln.

„Das Gift des Antijudaismus zieht sich leider durch die Christengeschichte“, stellte Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl von der Evangelischen Landeskirche Württemberg fest und bezeichnete die Veranstaltung als lichtvollen Abend, der ein wichtiges Zeichen in die Gesellschaft sende.

Zudem gab es zwei Podiumsgespräche, die in ein dreigängiges Menü eingebettet waren. Der Religionswissenschaftler und baden-württembergische Antisemitismusbeauftragte Michael Blume sprach mit Professor Barbara Straub, Vorstandssprecherin der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg, Landesbischöfin Heike Springhart, Rabbiner Flomenmann und Bischof Gebhard Fürst (Diozöse Rottenburg-Stuttgart) unter anderem über gegenseitigen Respekt zwischen den Religionen. In der zweiten Gesprächsrunde bat Blume OB Peter Boch, Mizerta Haug vom Rat der Religionen und Michael Suliman als Mitglied der jüdischen Gemeinde auf die Bühne. Sie sprachen unter anderem über den ausgeprägten interreligiösen Dialog in der Stadt und in diesem Zusammenhang auch über die bundesweit erste interreligiöse Kindertagesstätte, die Kita Irenicus.