Wenn der „Taugenichts“ in die Kirche kommt
Stiftung Zukunft Lutherkirche veranstaltete literarischen Gottesdienst – Eichendorff-Klassiker dargestellt in Text und Gesang
FEREdingen-Neckarhausen. (fer) Die Stiftung Zukunft Lutherkirche sammelt seit vielen Jahren nicht nur Geld, „damit die Kirche im Dorf bleibt“, sie bereichert mit ihren Veranstaltungen auch das kulturelle Leben in der Gemeinde. Dazu zählt die traditionelle Einstimmung auf die Advents- und Weihnachtszeit in der Lutherkirche.
Bei einem literarischen Gottesdienst zu Josef von Eichendorffs Novelle „Aus dem Leben eines Taugenichts“, gelang den Akteuren im Altarraum ein wunderbarer Dreiklang aus christlicher Botschaft, romantischen Texten und Musik.
„Entdecken Sie heute zusammen mit unserem literarischen Protagonisten ein wenig von der ,Leichtigkeit des Seins’ in einer Zeit, die nicht einfach ist“, begrüßte Stiftungsratsvorsitzende Ingeborg Schiele die Besucher im Gotteshaus. Der November gelte weithin als „grauer Monat“. Aber auch in dieser Zeit gebe es lichte Momente. „Auf einmal reißt der Himmel auf, plötzlich tritt Licht ins Leben, als sichtbares Geschenk Gottes“, sagte die Stiftungsratsvorsitzende und fügte an: „Immer dann, wenn es grau und hässlich wird, sind wir nicht allein, sondern können auf göttlichen Beistand hoffen.“ Der Abend wurde mit einem furiosen Präludium von Johann Sebastian Bach eröffnet, bei dem Hermann Schäffer an der Orgel alle Register seines Könnens zog. Mit Margit Fleckenstein, der ehemaligen Präsidentin der Landessynode, und dem früheren Oberkirchenrat Gerhard Vicktor, saßen prominente Akteure im Altarraum. „Wie köstlich ist deine Güte, Gott, dass Menschenkinder unter dem Schatten deiner Flügel Zuflucht haben“, hieß es in Fleckensteins Segenswunsch, bevor dann Gerhard Vicktor sich dem „verbummelten Müllerssohn“ sowie dessen Verfasser widmete. Eichendorff hatte ein Jahr Jura in Heidelberg studiert und war eine Liebesbeziehung zur Küferstochter Katharina Förster aus Rohrbach eingegangen, die unglücklich endete.
Die Angebetete wohnte in einer Straße namens „Kühler Grund“, die Eichendorff zu dem Gedicht „In einem kühlen Grunde“ inspirierte, das später vertont wurde. In der Kirche wurde das Lied von Fridolin Bosse vorgetragen, der von seinem Vater Wieland Bosse am Klavier begleitet wurde. Ebenso eingebettet in die Novelle ist das bekannte Volkslied „Wem Gott will rechte Gunst erweisen“, das den „fröhlichen Wandersmann“ schon klanglich erahnen lässt. Bei Bosses Vortragskunst kam nicht nur die Heiterkeit, sondern auch die Leichtigkeit des Seins zum Ausdruck. Der begabte junge Mann aus Neckarhausen, der im Jugendchor des Nationaltheaters Mannheim mitsingt, strebt eine musikalische Karriere an.
Nicht nur nach Noten – auch sprachlich wurde der „Taugenichts“ mit Bravour in Szene gesetzt. Gerhard Vicktor tat dies mit fester Stimme und komödiantischem Talent. Beim Taugenichts handelt es sich um einen Müllerssohn, den sein Vater auf Wanderschaft schickt, damit der verträumte junge Mann den Ernst des Lebens kennenlernt. Von Fernweh getrieben bricht er Richtung Italien auf. Er gewinnt jeder Situation das Beste ab, und so sieht er auch seine Wanderschaft als eine Gunst Gottes an.
„Er lebt ohne Stand, ohne Amt, ohne Pensionsanspruch, er ist frei, wie Jesus es war. Ein gläubiger Wandervogel, der sich von Gott geführt weiß“, griff Margit Fleckenstein das Thema auf. Bei allem Dunkeln in der Welt, soll man nicht die Lebensfreude verlieren, war ihr Credo und sie zitierte dabei noch einmal Eichendorff: „Und meine Seele spannte weit ihre Flügel aus. Flog durch die stillen Lande, als flöge sie nach Haus.“