Schwarzwälder Bote Oberndorf, 26.11.2022

 

Sie zerstören, stehlen, schänden

Vandalismus - Deutsche Bischofskonferenz: Motive der Täter ändern sich / Einzelne Fälle im Südwesten

Julia Gern

Oberndorf/Leipzig. Leipzig war die große Ausnahme – heißt es. Gemeint ist die Vielzahl an Vandalismusfällen in und um Kirchen, die die Stadt in Sachsen zuletzt ertragen musste. Von gestohlenen Leuchtern ist die Rede, von Schmierereien, eingeschlagenen Fenstern, schlimmer noch: von einem mit Fäkalien verschmutzten Altarraum.

Und dennoch: Einzelne Fälle gibt es auch im Südwesten. Meldungen über Urin in Weihwasserbecken wie in Schömberg (Kreis Calw) oder der aktuelle Fall in Offenburg, bei dem ein Kreuz wohl als eine Art Keule benutzt wurde – sie erschüttern nicht nur Gläubige. So schätzen Experten die Lage ein:

Das sagt die Deutsche Bischofskonferenz ... ... über die Motive Überraschend: Offenbar haben die Täter andere Motive als vor zehn Jahren. »Wurden früher bevorzugt historische figurative Sakralkunstdarstellungen entwendet, sehen es die Kriminellen heute vermehrt auf Edelmetallobjekte wie Kerzenleuchter, Vasa sacra und Reliquiare ab«, berichtet Daniela Elpers, Vize-Pressesprecherin der Deutschen Bischofskonferenz (DBK). Kurz gesagt: Es geht ums Geld. Elpers: »Seit sieben Jahren wird ein drastisch zunehmender Diebstahl von metallenen Tafeln, Statuen, Laternen und Weihwasserbecken auf Friedhöfen gemeldet.«

Auch beim Thema Vandalismus stellt Elpers Veränderungen fest. Es werde nicht blindwütig zerstört, vielmehr ist die Rede von ideologisch zielgerichteten Motivationen – »vor allem da, wo der Körper von Christus- und Heiligendarstellungen verstümmelt oder wo konsekriertes eucharistisches Brot oder Weihwasser geschändet werden, während alles andere weitgehend unbeschadet bleibt«.

... über die Zahlen Vergleicht man die vergangenen beiden Jahre mit 2018 und 2019 sind Vandalismusfälle und Diebstähle in und an katholischen Kirchen um etwa 15 Prozent zurückgegangen. »Wobei es freilich Ausnahmen wie eben Leipzig gibt«, schränkt Elpers ein.

Gründe für den phasenweisen Rückgang: mehrmonatige Lockdowns etwa, auch zeitweise Grenzschließungen – hier fällt das Stichwort internationale Clankriminalität. Doch mit dem Ende der meisten Corona-Regeln steige die Zahl der Fälle an und liege etwa auf dem Niveau von 2019.

... über Ermittlungen »In allen Bundesländern gibt es einen engen, konstruktiven Austausch mit der Polizei«, betont Elpers. Sie mahnt: Angriffe auf Kirchen seien »aufgrund des grundgesetzlich verbürgten Schutzes der Religionen eine besonders schwere und deshalb massiv strafbewehrte Straftat und nicht bloß Sachbeschädigung«.

Mit der Aufklärung ist es indes nicht weit her. Elpers zufolge liegt sie bei diesen Vandalismusdelikten im unteren einstelligen Prozentbereich. Ist ein Objekt erst einmal gestohlen, bleibt es so gut wie immer verschwunden. Das Bundeskriminalamt gleiche zwar regelmäßig Datenbanken sichergestellter gestohlener Sakralkunstobjekte ab. Dass betroffene Pfarrgemeinden Objekte zurückerhalten, geschehe »äußerst selten«.

Video-Überwachung sei jedenfalls keine Lösung; Vandalismus und Diebstähle würden dadurch bestenfalls dokumentiert, Täter kaum überführt. »Ohnehin darf im Sinne des kirchlichen Datenschutzgesetzes nur bei akut und nachweislich berechtigtem Interesse videoaufgezeichnet werden« – etwa, wenn sich Diebstähle oder Zerstörungen in einer Kirche häufen. Das sagt die Evangelische Landeskirche Württemberg »Wir haben so gut wie keine Fälle«, sagt Sprecher Dan Peter. Er erinnert sich einzig an einen Fall in der Stuttgarter Johanneskirche Ende 2021, bei dem der Täter ausfindig gemacht und in eine Klinik eingewiesen wurde. Vandalismus sei ein Thema, »das bei uns über Jahre hinweg keine Rolle gespielt hat« – »Gott sei Dank«, wie er noch hinzufügt.

Das sagt die Evangelische Landeskirche Baden »Auf das gesamte Gebiet der badischen Landeskirche bezogen können wir keinen zunehmenden Vandalismus feststellen«, berichtet auch Daniel Meier, Sprecher der Evangelischen Landeskirche Baden. Auch die Verwüstungen zuletzt in Offenburg seien »zum Glück Einzelfälle«.

Das sagt die Diözese Rottenburg-Stuttgart Eine Zunahme der Fälle sieht Sprecher Gregor Moser nicht. »Es handelt sich unserer Einschätzung nach um Einzelfälle.« Statistisch erfasst werden sie nicht. Das sagt die Erzdiözese Freiburg »Alle Formen der mutwilligen Beschädigung und des Vandalismus verurteilt die Erzdiözese Freiburg scharf«, berichtet Sprecher Marc Mudrak. Auch er spricht von einzelnen Fällen, etwa jenem in Offenburg, der viele Menschen erschüttert habe. Über die Motive der Täter in Vandalismus-Fällen lägen keine Informationen vor. Mudrak: »Die Erzdiözese Freiburg vertraut darauf, dass die Polizei, sofern sie eingeschaltet wurde, die Hintergründe jeweils aufklären kann und die Täter zur Rechenschaft gezogen werden.«