Ist die Kirche auf Kurs, oder kentert das Schiff?
Synode des evangelischen Kirchenbezirks zur Gemeindeleitung in stürmischen Zeiten – Neustart im Kinder- und Jugendbereich schwierig
Kraichgau. (oh) Das Thema „Gemeinde leiten in stürmischen Zeiten“ hatte vor allem aufgrund des anhaltenden Mitgliederschwundes eine hohe Brisanz. Es stand im Mittelpunkt der Herbstsynode des evangelischen Kirchenbezirks Kraichgau, die aufgrund der steigenden Inzidenz nicht wie geplant in Eppingen stattfand, sondern online veranstaltet wurde.
Dekanin Christiane Glöckner-Lang präsentierte in einer YouTube-Einspielung das Lied „Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt“ und führte dazu aus, dass manche ein flaues Gefühl im Magen hätten: Ist der Kurs noch zu halten, oder besteht die große Gefahr des Kenterns? In einer kleinen Zeitreise präsentierte sie die Geschichte der Kirche von den Anfängen über die Reformation bis in die heutige Zeit, in der begeisterte Menschen und Mut benötigt würden.
Oberkirchenrat Dr. Andreas Obenauer gab inhaltliche Impulse zur Thematik. Der Mitgliederschwund, der Relevanzverlust und Corona würden dazu führen, dass man sich unweigerlich mit den Schlagworten „Weiter so“, „Rückbau“ oder „Aufbruch“ beschäftigt. Er führte aus, dass die Gemeindeleitung in einem Spannungsfeld stehe und sich damit beschäftigen müsse, wie sie leiten könne, dass sie offen für den Geist Gottes bleibe. Sehr wichtig sei, viel miteinander zu sprechen. Die Grundhaltung müsse sein, verstehen zu wollen, was die anderen zu dem Thema beitragen, und nicht zu beabsichtigen, sie von der eigenen Meinung zu überzeugen.
Obenauer sagte, dass alle Bilder von Kirche und Gemeinde in sich trügen, die vielfältig und oft nicht bewusst seien. In einer Gruppenarbeit kristallisierte sich als oberste Priorität die Gemeinschaft heraus. Weitere Bilder, die mit Kirche in Verbindung gebracht wurden, waren Heimat, Dienstleister, Mehrzweckraum, Ort der Begegnung und Wunschkonzert.
Obenauer stellte die Problematik heraus, dass die Christen weniger werden, aber die Gesellschaft werde vielfältiger. „Wir müssen neue Angebote machen, aber es ist niemand da, der sie übernehmen kann“, meinte er. Man müsse sich fragen, wer die Menschen und den Ort geprägt habe. Es gelte, den speziellen Auftrag vor Ort herauszufinden. Neue Schwerpunkte zu setzen heiße, anderes zurückzustellen oder aufzugeben, zum Beispiel Geburtstagsbesuche oder Seniorenkreise, was extrem schwerfalle. In der Gruppenarbeit wurde hierzu unter anderem vermerkt, dass durch die Corona-Pandemie vieles ins Stocken geraten oder nicht mehr zustande gekommen ist. Obenauer gab den Ratschlag, immer im Gespräch zu bleiben und aufeinander zu hören.
In ihrem Bericht ging Glöckner-Lang auf den Bezirksgottesdienst bei der Gartenschau in Eppingen sowie die Vollversammlung des Ökumenischen Rates in Karlsruhe ein. Sie erwähnte die viertägige Bezirksbereisung mit drei Architekten, wobei das Hauptaugenmerk auf Kirchen und Gemeindehäusern lag. Die Zustände der Gebäude wurden erfasst, und es wurde überlegt, welche davon unbedingt weiterhin benötigt werden. Das Thema „Gebäude“ wird beim Treffen des Bezirksstrukturausschusses, des regionalen Strukturausschusses und bei der nächsten Bezirkssynode auf der Agenda stehen.
Nach der Bekanntgabe einiger Personalien ging die Dekanin kurz auf den Strategieprozess ein und meinte hierzu: „Wir sind absolut in der Zeit und haben schon viel hinter uns gebracht.“ Der gesamte Zeitplan reicht bis ins Jahr 2050.
Aus der Bezirksjugend berichtete Pfarrer Jonas Rühle. „Ich würde jetzt gerne vom großen Aufbruch erzählen, aber Fakt ist, dass wir uns mit einem Neustart nach Corona im Kinder- und Jugendbereich viel schwerer tun als gedacht. Irgendwie ist der Kontakt verloren gegangen, und der Funke will einfach nicht überspringen“, meinte er. Es sei Zeit, sich für Kinder und Jugendliche zusammenzufinden, die ein großes Gewicht bekommen müssten. Dabei sollte nicht jede Gemeinde auf sich alleine gestellt sein. Er lud zur Bezirksjugendsynode am Mittwoch, 16. November, ein, zu der jede Kirchengemeinde zwei Vertreter abstellen sollte.
Mit einem kleinen Impuls und einem Gebet beendete Pfarrerin Stephanie Ultes nach den Schlussworten des Vorsitzenden Thomas Kerksiek die Synode.