Er fordert von seiner Kirche Wagemut
Einführungsgottesdienst für den neuen Dekan. Markus Weimer steht dem evangelischen Bezirk vor. Landesbischöfin bei der Feier auf KirchenbaustelleVON NIKOLAJ SCHUTZBACH
Radolfzell (nea) Zum Einführungsgottesdienst für den neuen Dekan Markus Weimer lud der evangelische Kirchenbezirk Konstanz symbolträchtig in die Radolfzeller Christuskirche ein. Diese ist seit über zwei Jahren eine Baustelle. Weitgehend fertig sind bisher die hölzerne Decke und die Wand hinter dem noch nicht vorhandenen Altar.
Das Bild bestimmten bereitstehende Baugerüste, freiliegende Kabelkanäle und ein staubiger Boden. Platz nehmen konnten die Gäste auf Bierbänken, die Sitzfläche mit weißem Stoff maskiert. Den Altar bildete eine Platte auf zwei Tischböcken. Die badische Landesbischöfin Heike Springhart sah diesen Ort durchaus als angemessen an. „Eigentlich müssten wir jede Einführung auf so einer Baustelle feiern“, betonte sie. Als neuer Dekan sei Weimer bei der Entwicklung neuer Gemeindeformen gefordert. „Wir leben in einer Zeit des Umbruchs, aber wir haben schon in immer in einer Zeit der Umbrüche gelebt“, betonte Springhart. Daher finde sie auch den Gottesdienst auf einer Kirchenbaustelle gut.
„Wir haben immer weniger Personen und Gebäude“, merkte Markus Weimer in seiner Ansprache an. Auf SÜDKURIER-Nachfrage führte die Bischöfin aus, dass es immer weniger Menschen gebe, die Theologie studieren würden. Trotzdem zeigte sie sich überzeugt, dass die Arbeit mit der jetzigen Besetzung gut zu schaffen sei. Dazu komme eine wichtige Vorgabe: binnen der nächsten zehn Jahre müssten weitere Stellen eingespart werden. „Die Gemeindeglieder werden nicht daran zugrundegehen, aber sie müssen kreative Lösungen finden. Es wird deutlich mehr Kooperationen geben“, kündigte Heike Springhart an. Auch die verfügbaren Räume würden vermehrt gemeinsam genutzt werden. „Um zu gewährleisten, dass die evangelische Kirche flächendeckend vertreten ist“, erläuterte sie.
In ihrer Einführungsrede verwies die Landesbischöfin darauf, welche Schwierigkeiten so ein Amt mit sich bringen könne. Manchmal sei guter Rat teuer. „Das soll es auch in einem Dekanat geben“, betonte sie. Frustrierende Briefe werde es geben sowie die Aufforderung, es wieder zu richten. „So etwas kann Menschen in Leitungsämtern auslaugen, auch im Amt des Dekans“, mahnte sie. Aber ganz ohne Hoffnung ließ sie den neuen Dekan nicht. Die aufkommenden Probleme werde er auch mit der Energie Gottes lösen. „In einem so lebendigen Bezirk wie Konstanz hat es ein Dekan gut“, sprach sie ihm Mut zu. Sie äußerste sich überzeugt, dass er den Bezirk stärken werde und die Prozesse zu strukturieren wisse, sowie Konflikte zu lösen, um dabei zu sehen, dass auch andere Rechte haben. „Und das, was auseinanderzustreben droht, wirst du zusammenhalten“, sagte sie überzeugt. „Wenn du Hilfe brauchst, dann werden andere da sein“, versprach sie. „Auch als Dekan musst du nicht die Kirche retten; nicht alle Hilfen müssen wir selbst organisieren, dafür ist Christus zuständig“, gab sie ihm mit auf den Weg.
„Ich fühle mich sehr wohl im Bezirk“, betonte Markus Weimer in seiner Antrittsrede. Über sein Selbstverständnis sagte er: „Kirche muss nicht immer kompliziert und aufwendig sein, sondern wagemutig“. Dass er mit Pannen gut umgehen kann, zeigte er gegen Ende des Gottesdienstes. Er hatte vergessen, trotz einer sehr guten Vorbereitung, das wichtigste Gebet der Christen zu beten. Er nutzte gerade noch rechtzeitig die Gelegenheit, das Vaterunser nachzuholen.
Die Landesbischöfin hatte in einem persönlichen Wort zu Weimer gesagt: „Als Schüler warst du für die Lehrer eine Anfechtung, als Lehrer warst du für die Schüler ein Segen.“ Dass ihm in seiner bisherigen Heimatgemeinde Böhringen die Jugendarbeit sehr wichtig war, darf aus ihrer großen Teilnehmerzahl geschlossen werden.
Von den Pfarrgemeinderäten seiner neuen Gemeinde Konstanz-Wollmatingen erhielt er eine Survival-Box überreicht. Die Notausrüstung enthielt unter anderem einen 10er-Busfahrkartenblock, ein Fahrradschloss und gegen die zu erwartenden Übermüdungserscheinungen Kaffee und Cola.
„In einem so lebendigen Bezirk wie Konstanz hat es ein Dekan gut.“
Heike Springhart, Landesbischöfin
Zur Person
Markus Weimer ist mit einer 70-Prozent-Stelle Dekan des evangelischen Kirchenbezirks Konstanz. Sein Büro hat er am Konstanzer Benediktinerplatz. Mit den anderen 30 Prozent ist er Pfarrer von Konstanz-Wollmatingen. Darüber hinaus hat er die Geschäftsführung der verwaisten Luthergemeinde in Konstanz übernommen. Er war vorher zehn Jahre lang Pfarrer in Böhringen. Im Februar wurde er von der Bezirkssynode gewählt und konnte sich gegen einen Mitwerber aus Karlsruhe durchsetzen. Markus Weimer ist verheiratet und hat drei Kinder. Zukünftig werden er und seine Familie in Markelfingen wohnen, wo sie einen Bauplatz gekauft haben. (nea)
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