Stuttgarter Zeitung Stadtausgabe, 26.08.2022

 

Gläubige aus aller Welt pilgern nach Baden

Der Ökumenische Rat der Kirchen tagt erstmals in Deutschland. In Karlsruhe werden Tausende Besucher erwartet. Stefan Jehle

Die Reihe früherer Versammlungsorte liest sich eindrucksvoll: Harare in Simbabwe 1998, Porto Alegre in Brasilien 2006, Busan in Südkorea 2013. Wenn der weltweit tätige Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) von kommenden Mittwoch an erstmals in Deutschland tagt, dann reiht sich Karlsruhe in die Liste ein.

Bis zum 8. September werden in Karlsruhe rund 800 Delegierte und mehr als 3000 weitere geladene Dauergäste von 352 unterschiedlichen Kirchen des 1948 in Amsterdam gegründeten Weltkirchenrats tagen unter dem Motto: „Die Liebe Christi bewegt, versöhnt und eint die Welt.“ Auch das Thema Klimagerechtigkeit wird in diesen Tagen eine wichtige Rolle spielen. Die seit dem Frühjahr neu amtierende evangelische Landesbischöfin in Baden, Heike Springhart, freut sich „dass es jetzt wirklich ernst wird und losgeht“. Die Versöhnungsarbeit nach dem Krieg zwischen Deutschen und Franzosen, sagt die 47-Jährige, sei mit einer der Gründe, dass die jetzige 11. Vollversammlung in die grenznahe Stadt am Rhein kam.

Springhart stellte zusammen mit Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) und der ÖRK-Sprecherin Marianne Ejderstenam aus Schweden wichtige Programmpunkte der Zusammenkunft vor. Außerdem wurde am Karlsruher Schloss eine Fahne gehisst, die weithin sichtbar auf das Großereignis verweist. Schon vor dem eigentlichen Start kommende Woche im Beisein des Freiburger Erzbischofs Stephan Burger finden derzeit bereits Vortreffen der beteiligten Delegierten statt. Am zentralen Messeplatz in der Innenstadt wird gegenwärtig noch eine riesige Zeltstadt aufgebaut – in deren Mittelpunkt ein „Magic Sky“, ein Zeltschirm mit 42 Meter Durchmesser steht. Er dient als Veranstaltungsort für bis zu 4000 Teilnehmer. Dort wird auch der große Eröffnungsgottesdienst stattfinden.

Die Kirchenvertreter vor Ort haben zusammen mit der Messegesellschaft und der Stadt ein umfangreiches Begleitprogramm zusammengestellt mit laut Bischöfin Springhart etwa 250 Einzelveranstaltungen. Zur Eröffnung wird auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kommen. Karlsruhes OB Mentrup zeigte ist „überglücklich“, dass die Vollversammlung „trotz Unwägbarkeiten der Coronazeit fast uneingeschränkt stattfinden kann“.

Der Ukraine-Krieg droht das Weltkirchentreffen teils zu überlagern. Seit Tagen wird in Karlsruhe etwa über die Teilnahme einer Delegation aus Russland diskutiert, angeführt vom neuen Leiter des Außenamtes des Moskauer Patriarchats, Metropolit Antonij (Sevrjuk) – einem engen Vertrauten des umstrittenen Patriarchen Kyrill. Christen aus Russland und der Ukraine sollen über Möglichkeiten für Frieden diskutieren.