Rhein-Neckar-Zeitung - Sinsheimer Nachrichten - Bad Rappenauer Bote/Eppinger Nachrichten, 10.08.2022

 

„Wertvoll, vor Ort zu gehen“

Projekt „Starke Erziehung“ sollte Kontakt zu Familien in sozial schwierigen Verhältnissen, oft mit mit Migrationshintergrund, in Kindergärten herstellen

Sinsheim. (abc/tk)„Starke Erziehung“ hieß ein Projekt, das die Psychologische Beratungsstelle des Evangelischen Kirchenbezirks Kraichgau vor drei Jahren zusammen mit vier evangelischen Kindertageseinrichtungen begonnen hatte. Dabei ging es um die Begleitung von Eltern bei der Erziehung und die Unterstützung des Personals. Insbesondere beratungsferne, sogenannte sozial schwache Familien, oft mit mit Migrationshintergrund, sollten durch die Angebote vor Ort besser oder überhaupt erreicht werden.

Das Projekt wurde jetzt als Erfolg dargestellt: „Von mir aus hätte es gerne noch länger dauern können“, sagte Dekanin Christiane Glöckner-Lang und dankte den Beteiligten. Allen voran Larissa Sailer, systemische Familientherapeutin und Bildungswissenschaftlerin mit Schwerpunkt Frühkindliche Bildung. Sie war Ansprechpartnerin für die Erzieherinnen des Martin-Luther-Kinderhauses in der Sinsheimer Innenstadt, das als sogenannter „Schwerpunktkindergarten“ gilt, sowie der evangelischen Kindergärten in Steinsfurt und Reichartshausen. „Wenn man persönlich angesprochen wird, ist das ja auch was anderes, als wenn da irgendwie nur einfach Flyer ausliegen“, sagte die Dekanin. „Ein Paradebeispiel für Kooperation und Vernetzung“ sei zustande gekommen, meinte die Dekanin, welches auch mit Geldern des „Kirchenkompassfonds“ der Evangelischen Landeskirche in Baden gefördert worden war.

„Ursprünglich sollten Familienzentren gefördert werden“, erinnerte sich Albrecht Oettinger, Leiter der Psychologischen Beratungsstelle Sinsheim. Als das Programm aber für alle Kitas geöffnet worden sei, erarbeiteten er und Sailer die Inhalte für „Starke Erziehung“. Ab Mai 2019 sei es, wie Oettinger ausführte, darum gegangen, Beratungsmöglichkeiten für Eltern vor Ort anzubieten. Weiterhin sollte ein Beratungs- und „Familienbildungs“-Angebot für Eltern, Kinder und das Fachpersonal aufgebaut und dauerhaft eingerichtet werden, das Angebot sollte „regelhaft“ sein, das bedeutet, dass hierbei auch gewisse Regeln vermittelt und geübt werden sollten. Die fachliche Qualität der Einrichtung sollte dadurch gestärkt werden, hieß es; der „in zunehmendem Maße gewünschte und aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen erforderliche“ Bildungsauftrag der Einrichtungen sollte durch das Programm unterstützt werden.

Um das zu erreichen, wurde jeden zweiten Donnerstag von 9 bis 11 Uhr sowie nachmittags Eltern und Personal in Form von „Kurzberatungen“ die Möglichkeit gegeben, schnell und unbürokratisch Rat zu bekommen in Fragen zur Erziehung und Entwicklung des jeweiligen Kinds. Das Trainingsprogramm „Mutig werden mit Til Tiger“ richtete sich zudem an sozial unsichere und schüchterne Kinder im Alter zwischen fünf und sieben Jahren. Eltern wurden Gesprächsgruppen und Elternabende angeboten, deren Termine über Aushänge und Elternbriefe angekündigt. Großes Thema während der Projektlaufzeit sei immer wieder der Corona-Komplex gewesen, hieß es. Öettinger sagt hierzu: „Wir haben alle in dieser Zeit jede Menge gelernt über die technischen Möglichkeiten, dass man irgendwie in Kontakt kommt.“ Über die Gesamtzahl abgehaltener Beratungsgespräche wurde allerdings zunächst nichts bekannt.

„Kindergärten sind nicht gleich“, lautet das Fazit des Diplompsychologen. Je nach Elternschaft brauche es unterschiedliche Angebote. Weiterhin sei es laut Oettinger, „wertvoll, vor Ort zu gehen“. Daher plane die Beratungsstelle, auch in Zukunft ähnliche Beratungsangebote, wie „Starke Erziehung“. Hoffnung setzt Oettinger deshalb auf den im Rahmen der Neu-Konzeption der Psychologischen Beratungsstellen im Rhein-Neckar-Kreis vorgesehenen Ausbau der Beratungskapazitäten. Hierbei könne eine Fortführung von Beratungsangeboten vor Ort in Kindertageseinrichtungen ermöglicht werden. Mit ihren im Projekt gemachten Erfahrungen soll auch Larissa Sailer hierbei eine Rolle spielen.