Badische Zeitung Freiburg im Breisgau, 19.07.2022

 

Die evangelische Kirche hat ihr Haus

Auftrag von 2015 endlich erfüllt: Schnewlinstraße 2 wird gemietet / 1000 Mitglieder weniger pro Jahr

FREIBURG (BZ). „Ecclesia semper reformanda“ – stets reformbedürftig ist die Kirche. Der Martin Luther zugeschriebene Satz klang aus dem Mund der Synodenvorsitzende Regina D. Schiewer eher wie eine düstere Prophezeiung, denn im Mittelpunkt der Stadtsynode – dem höchsten Entscheidungsgremium der Evangelischen Kirche Freiburgs – stand bei ihrer Zusammenkunft am Wochenende die Frage: „Welche Transformations- und Reduktionsprozesse werden die nächsten 10 Jahre bestimmen?“ Ähnlich wie die Katholische Kirche muss auch die Evangelische in der Stadt einen enormen Mitgliederschwund verkraften. Rund 1000 Gläubige wenden sich nach ihren Angaben pro Jahr ab, was nicht nur leere Kirchenbänke, sondern auch geringere finanzielle Mittel zur Folge hat.

Die Badische Landeskirche hat daher den Strategieprozess „ekiba 2032 – kirche.zukunft.gestalten“ aufgesetzt, der die Folgen des finanziellen Aderlasses für die kommenden zehn Jahre beschreibt. Die Landeskirche rechnet mit einem Rückgang des Haushaltsvolumens um 30 Prozent, was zu einem Stellenrückgang in allen Bereichen führen werde. Außerdem gibt es weniger Geld für Immobilien. Gebäude würden ampelmäßig klassifiziert: Grüne Gebäude (klimagerecht saniert) werden weiter finanziert, rote Gebäude nicht. Gelb klassifizierte müssten bis 2050 grün oder rot eingestuft sein.


Stadtdekanin Angela Heidler stellte der Synode die Auswirkungen dieser Vorgaben auf die Evangelische Kirche in Freiburg vor: Ein Rückgang der Mitglieder um 10000 bedeute, dass von den aktuell 19 Pfarr- und 6,5 Diakoninnenstellen bis 2032 drei beziehungsweise eine Stelle gekürzt werden. Auswirkungen auf Stellen in Kirchenmusik sowie Hochschul- oder Klinikseelsorge seien noch nicht absehbar. Von den 30 Kirchen- und Gemeindehäusern würden derzeit 30 Prozent grün, 40 Prozent gelb und 30 Prozent rot klassifiziert. Heidler betonte, dass „eine rote Klassifizierung nicht automatisch eine Veräußerung bedeutet“. An die Stadtsynode schließe sich, so Heidler, ein „Prozessjahr“ an, in dem die Details des Abbaus beraten werden. Im Dezember 2023 soll der Stadtkirchenrat die Zielvorgaben für 2032 verabschieden.


Erfreulicher als diese Reduktionsprozesse war für die Synode, dass ein langjähriges Ziel erreicht wurde: „Endlich ist der Auftrag, den die Synode 2015 erteilt hat, ein Haus der evangelischen Kirche in Freiburg für Kirchenverwaltung und Diakonisches Werk zu realisieren, erfüllt“, erklärte Synodenvorsitzende Schiewer. Die Stadtkirche mietet das Haus Schnewlinstraße 2 in der Nähe des Hauptbahnhofs für 15 Jahre an, zusätzlich werde die Verwaltung der Evangelischen Sozialstation einziehen. Das Gebäude, das momentan noch die United Planet GmbH beheimatet, offeriere auf vier Etagen mit 2360 Quadratmetern „ideale Räumlichkeiten für eine zeitgemäße, moderne Verwaltung, zudem bietet der Standort eine große Sichtbarkeit.“ Möglicher Einzugstermin sei das zweite Quartal 2023.