Rhein-Neckar-Zeitung - Heidelberger Nachrichten, 29.06.2022

 

Kirchenaustritt hat Folgen

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Den meisten Menschen geht es nach dem ersten Gehalt so: Da freut man sich erst über das eigenständig verdiente Geld – und plötzlich muss man davon etwas an die Kirche abgeben. Einige wählen den vermeintlich leichten Weg: Aus der Kirche austreten – Problem gelöst. Keine Mitgliedschaft in der Kirche, keine unnötigen Steuern. Aber so unnötig wie sie scheint, ist die Kirchensteuer vielleicht ja gar nicht.

Genau genommen ist die Kirchensteuer gar keine richtige Steuer im eigentlichen Sinne. Sie wird nur vom Staat eingesammelt. Dafür bezahlt die Kirche mehrere Millionen Euro jährlich und muss im Gegenzug kein eigenes System für das Einsammeln der Mitgliederbeiträge aufbauen. Aber wofür braucht die Kirche eigentlich so viel Geld von den Bürgern? Anders als viele denken, wird das Geld nicht nur für Gottesdienste und das Gehalt von Pfarrern verwendet, sondern es werden auch viele soziale Projekte unterstützt und Arbeitsplätze geschaffen.

Viele Kinder gehen zum Beispiel in einen evangelischen oder in einen katholischen Kindergarten, der von der Kirchensteuer finanziert wird. Zusätzlich wird Bedürftigen mit Geld und Essen unter die Arme gegriffen. Jugend- und Seniorenarbeit werden ebenfalls ermöglicht und so kann einer Menge Menschen zusätzlich geholfen werden. All das wäre ohne eine Kirchensteuer kaum möglich. Die Kirchensteuer finanziert also auch gesellschaftliche und nicht nur religiöse Projekte, weit mehr also als die Gottesverehrung.

Man muss anscheinend nicht einmal gläubig sein, um guten Gewissens die Kirchensteuer zu bezahlen. Entscheidende Momente im Leben wie die Taufe, kirchliche Hochzeiten oder Beerdigungen werden ebenfalls von der Kirche unterstützt und ermöglicht. Diese Zeremonien sind ohne Mitgliedschaft in der Kirche entweder kostenpflichtig oder gar nicht möglich. Solche Dinge sollte man vor dem Austritt bedenken.

Die Kirche mag viele Makel haben und gerade die Katholische Kirche steht in einigen Punkten zurecht in der Kritik. Wer genau hinsieht, der erkennt aber auch die engagierte Mitarbeit vieler Gemeindemitglieder, die ihren Beitrag zu einer besseren Gemeinschaft leisten – und viele Menschen profitieren von den Mitteln, die durch die Kirchensteuer bereitgestellt werden. Warum sollten also nicht auch wir unsere Kirchensteuern zahlen, um ein möglichst friedliches und freundliches Zusammenleben für alle zu ermöglichen?



> Max Dörich, Klasse 10c, Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium Eppelheim