Badisches Tagblatt Baden-Baden, 26.09.2023

 

Flutopfer aus dem Ahrtal nehmen Auszeit

Baden-Badener Aktion sucht neue Unterstützer für das Angebot für kostenlose Übernachtungen Christiane Krause-Dimmock

Baden-Baden. Mehr als zwei Jahre liegt die Flutkatastrophe im Ahrtal schon zurück. Doch an Schrecken hat sie, besonders für die Betroffenen, nach wie vor nicht verloren. Viele Initiativen und Helfer sind dort noch immer aktiv. Auch die Aktion „Auszeit in Baden-Baden“ ist noch lange nicht zu einem Ende gekommen.

Hinter diesem Angebot verbirgt sich die ACK, die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen, die angetreten ist, um den Ahrtalern einen Kurzurlaub an der Oos zu vermitteln. Nachdem kräftig die Werbetrommel gerührt wurde, um die passenden und vor allem kostenlos überlassenen Zimmer und Ferienwohnungen zu finden, kam es zu den ersten Anreisen. „Das war alles gar nicht so leicht, wie wir uns das vorgestellt haben“, sagt der hiesige ACK-Vorsitzende, Christoph Müller, über unerwartete Hindernisse. So kam die Sache zunächst ins Stocken, weil man gar nicht an potentielle Feriengäste herangekommen ist. „Zum Glück hatte damals der Caritas-Geschäftsführer Thorsten Schmieder Kontakt zu seinen Kollegen im Ahrtal aufgenommen, sodass wir einen Ansprechpartner bekamen.“

Tatsächlich hätten viele Betroffene diese kleine Auszeit bitter nötig, hat Müller in den Folgemonaten festgestellt. Doch sie kommen einfach nicht weg. „Das sind manchmal ganz simple, aber nachvollziehbare Gründe.“ Ein Handwerker etwa, auf den man lange gewartet hat, bietet plötzlich einen Termin an. Da muss der Kurzurlaub zurücktreten. Dennoch waren nach und nach Einzelpersonen, aber meist Familien zu Gast in der Stadt. „Das ist immer spannend bis zum Schluss.“ Denn ob vielleicht doch im letzten Augenblick irgendetwas dazwischenkommt, wisse man nicht. Aber wenn die Menschen dann angereist sind, wenn sie erzählen, was sie in aller Regel auch tun, erleben die Betreuer der ACK ein Wechselbad der Gefühle, berichtet Müller etwa von einer sechsköpfigen Familie, deren jüngster Spross in der Flutnacht geboren wurde. Die Eltern waren gemeinsam mit den beiden jüngeren Kindern in die Klinik gefahren. Der ältere Sohn blieb alleine zu Hause zurück. Dann kam die Flut. Der Handykontakt, Strom und alles andere war weg. Als die Familie zurück nach Hause fahren wollte, war schon alles zu spät. Es gab kein Durchkommen mehr, nur Entsetzen. Aber die Sache hatte – trotz aller Dramatik – ein Happy End und vor allem eine Auszeit in Baden-Baden. Bei dieser Gelegenheit überreichte der Familienvater stellvertretend an Christoph Müller ein Büchlein mit dem Titel „W-Ahr-um“, in dem Jutta Anton gesammelte Geschichten der Betroffenen veröffentlicht hat. „Natürlich habe ich es gelesen und ich war nicht einfach nur betroffen, ich war schockiert“, sagt er. Doch was ihm im Allgemeinen begegnet, wenn die ACK-Gäste hier eintreffen, sei eine tiefe Dankbarkeit. „Sie zeigen Bilder, und sie erzählen ihre Geschichte“, so Müller. Und dann genießen sie ihren Aufenthalt, so hat er festgestellt, nachdem die ersten 18 Gäste in ihre Heimat zurückgekehrt sind.

„Im Augenblick versuchen wir diese angebotene Ferienwoche für 27 weitere Menschen möglich zu machen“, erläutert der Pastoralreferent. In erster Linie handele es sich dabei um Familien mit Kindern, sprich eine ganze Wohnung wird vonnöten sein. „Weil dort offenbar in der zweiten Oktoberhälfte Herbstferien sind, schränkt das terminlich ein“, fügt Müller hinzu. Und das passe nicht immer mit den Baden-Badener Angeboten. „Hier können wir gerne noch Unterstützer brauchen“, sagt er und möchte unbedingt dafür sorgen, dass das Versprechen einer Auszeit wahr wird. Auch für die Familie, die einen Hund hat. „Ich suche einfach weiter“, sagt er. Irgendwie werde sich das fügen, hofft er, auch für die alleinstehende ältere Dame, die gerne über Weihnachten in die Stadt reisen würde. „Und vielleicht finden sich ja spontan noch Helfer, die sich uns anschließen würden.“ Denn dann könnten kleine und große Träume wahr werden.

Anfragen für mögliche Ferienangebote erbittet die ACK an christoph.mueller@kath-baden.de.