Pforzheimer Zeitung, 18.09.2023

 

Nächtlicher Besuch der Landesbischöfin

Claudia Keller

Niefern-Öschelbronn. ie Evangelische Kirchengemeinde in Niefern hat zum 20 Mal zur langen Nacht der Kirche eingeladen. Dieses Mal haben Pfarrer Mathias Götz und Kirchenältester Matthias Koch die badische Landesbischöfin Dr. Heike Springhart zum Podiumsgespräch begrüßt.

Gefragt nach ihrem Werdegang berichtete Springhart von einem Gespräch, dass sie in der Entscheidungsphase vor dem Studium mit ihrem damaligen Pfarrer geführt habe. „Er sagte zu mir, wenn du etwas bewegen willst in dieser Kirche, dann musst du Pfarrerin werden“, sagte Springhart. Für ihre theologische Biografie entscheidend sei Mitte 1990er Jahre im Hauptstudium ein zweijähriger Aufenthalt in Leipzig gewesen, bei dem die Wende noch deutlich zu spüren war. „Die Frage, welchen Beitrag die Kirche in der Zeit nach 1989 leisten kann, das habe ich dort direkt erlebt“, berichtete sie. „Das hat mich einige Jahre später zu meiner Promotionsarbeit gebracht.“ Der Titel ihrer Arbeit lautete: „Aufbrüche zu neuen Ufern. Der Beitrag von Religion und Kirche für Demokratisierung und Reeducation im Westen Deutschlands nach 1945.“

Im weiteren Verlauf des Gesprächs wurden die Folgen durch den Mitgliederrückgang aufgrund des demografischen Wandels, Kirchenaustritten und weniger Taufen thematisiert. „Kirche muss sich immer fragen, tun wir das Bestmögliche mit den Ressourcen, die wir haben, mit den Menschen, die wir haben und im Lichte des Evangeliums“, sagte Springhart. „Wir müssen uns fragen, wie kann sich Kirche so aufstellen, dass sie Menschen gewinnt.“ Realistisch gesehen werde die Kirche mit deutlich reduzierten Finanzen arbeiten müssen, wofür sie sich jetzt entsprechend aufstellen müsse. Vor dem Hintergrund immer weniger verfügbarer Pfarrer und Diakone sprach Springhart von sogenannten Kooperationsräumen. Dabei sollen mehrere Gemeinden einen Raum für die gemeinsame Arbeit mehrerer Hauptamtlicher bilden. Das ziele darauf ab, sicherzustellen, dass Menschen auch bei weniger Personal verlässlich wissen, dass die Kirche für sie da und ansprechbar ist.

Online oder vor Ort

Im weiteren Verlauf ging es um die Chancen, die sich durch soziale Medien bieten. Mit Blick auf die Internetübertragungen von Gottesdiensten fürchtete Götz, dass dadurch langfristig noch weniger Besucher in die Kirche kommen. „Ob die Menschen einen Gottesdienst am Bildschirm mitfeiern oder hier sitzen, ist erstmal egal“, sagte Springhart. Sie sah die Übertragungen eher als Möglichkeit für Menschen, die sonst nicht zur Kirche gehen können oder nicht in die zur Kirche gehen würden. „Gottesdienste sollten in so einer Qualität gestaltet werden, dass man etwas verpasst hat, wenn man nicht dort war“, sagte Springhart außerdem.

Bis spät in die Nacht hinein diskutierte die Landesbischöfin mit Götz und Koch weitere Kirchenthemen.

Zu später Stunde gab es außerdem noch einen Vortrag von Verleger Jeff Klotz zum Thema „Christentum in Äthiopien“. Den Abschluss der langen Nacht der Kirche markierte eine Abendmahlsfeier bei Kerzenschein.