Kirchen müssen rund 40 000 Immobilien aufgeben
Wenn Gemeinden ihre Gebäude dann verkaufen und diese anders genutzt werden sollen, hat der Denkmalschutz MitspracherechtVON MARTINA SCHWAGER, EPD
Die beiden großen Kirchen in Deutschland müssen sich laut einem gemeinsamen Positionspapier in den kommenden 40 Jahren jeweils von etwa einem Drittel ihrer Gebäude trennen.
Die evangelischen Landeskirchen und katholischen Bistümer werden laut der Schrift „Kirchliche Baudenkmale – Kulturelles Erbe auf einem steinigen Weg in die Zukunft“ bis 2060 insgesamt rund 40 000 Immobilien verlieren, wie der evangelische Oberlandeskirchenrat Adalbert Schmidt und der Justiziar des katholischen Erzbistums Hamburg, Karl Schmiemann, in dem Papier schreiben.
Hintergrund ist die kontinuierliche Abnahme der Kirchenmitglieder und der Schwund der verfügbaren Finanzmittel. Vornehmlich seien Pfarr- und Gemeindehäuser betroffen, aber zunehmend auch Kirchen. Diese stünden zum großen Teil unter Denkmalschutz. Im Positionspapier wird deshalb eine Vereinbarung mit den Denkmalschutzbehörden angeregt, um zu Lösungen für die Nachnutzung zu kommen.
Das 15-seitige Positionspapier ist jüngst in der Zeitschrift „Kirche & Recht“ erschienen. Schmidt ist Vorsitzender der Baurechts- und Grundstückskommission der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Schmiemann ist Vorsitzender der Rechtskommission des katholischen Verbands der Diözesen Deutschlands (VDD).
Die Abgabe der großen Zahl von Kirchen stelle „die staatliche und kirchliche Denkmalpflege in den kommenden Jahren vor eine Herkulesaufgabe“, heißt es. Von den 42 500 Sakralbauten beider großen Konfessionen stünden rund 80 Prozent unter dem Schutz des Denkmalrechts.
Nach Ansicht der beiden Theologen muss ein in ganz Deutschland geltendes Verfahren entwickelt werden, damit die Denkmalschutzbehörden der Länder und die Kirchen auf Augenhöhe über eine neue Nutzung verhandeln könnten.
Kompromisse könnten für eine zügige Umsetzung sorgen, heißt es in dem Papier. Dadurch könnten lähmender Streit und überlange Verwaltungsprozeduren vermieden werden. Auf diese Weise würden alle Beteiligten „vor die Welle von Leerstand, Schließung und Verfall“ kommen können.
Beim Scheitern solcher Kompromisswege drohe dennoch kein massenhafter Abriss von Kirchen, wie bereits spekuliert wurde, betonte eine Kirchensprecherin. Ein Abriss nach einer sehr langen Zeit des Verfalls sei nur der schlimmste, selten eintretende Fall.
Der Denkmalschutz zeigt sich einem Zeitungsbericht zufolge kompromissbereit. Die Landesämter der Denkmalpflege hätten großes Interesse an einer frühzeitigen Zusammenarbeit, sagte Christina Krafczyk, Präsidentin des Niedersächsischen Landesamts für Denkmalpflege, demnach.