Rhein-Neckar-Zeitung - Bergstraße/Mannheim - Weinheimer Rundschau, 13.03.2023

 

Großer Andrang bei Workshop zu Gemeindesaal

Rund 100 Lützelsachsener erarbeiteten Ideen, wie es im Evangelischen Gemeindezentrum weitergeht

Von Philipp Weber

Weinheim-Lützelsachsen. Ein Gewinn für den Ortsteil ist der Saal der Evangelischen Kirchengemeinde in Lützelsachsen schon heute. Als am Freitag rund 100 Bürger darin zusammenkommen, stehen Theater-Requisiten auf der Bühne: Bei anderer Gelegenheit geben die Mimen lokaler Schauspielgruppen hier Vorstellungen. Und doch wird sich vieles ändern. Die Evangelische Gemeinde wird das Gebäude mit dem Saal und weiteren Räumen absehbar nicht mehr unterhalten können, die Evangelische Landeskirche Baden wird im kommenden Jahrzehnt nur noch ein Drittel des heutigen Gebäudebestands bezuschussen. Den Kirchenbezirken drohen Einschnitte. Aber die Lützelsachsener Protestanten wollen den 1990 eingeweihten und zum Teil von den eigenen Mitgliedern bezahlten Bau in der Kurpfalzstraße gern erhalten. Nicht nur sie. Das zeigt der Zuspruch zum Workshop „Hier macht was auf“.



> Warum 100 Lützelsachsener zusammenkamen: Stadt- und Ortschaftsrätinnen, Verantwortliche aus den Vereinen, Mitglieder der Ortsinitiative „Pro Lü“ und viele weitere bekannte Gesichter: Im Evangelischen Saal ist am Freitag zusammengekommen, was Rang und Namen hat im Ortsteil. Die Projektbegleiter und Moderatoren Siemen van Freeden und Doreen Raspel sind positiv überrascht, als der Workshop vor voll besetzten Stuhlreihen beginnt. Es sind wohl zwei Faktoren, die zu dem großen Interesse beitragen: Würde der Saal ersatzlos gestrichen, wäre schon wieder eine Lützelsachsener Institution am Ende – nachdem Bankfilialen, Schmittberger Hof oder Schreibwaren Ludwig bereits zugemacht haben und das Ende des Edeka-Markts besiegelt ist. Mit dem Saal will man nun einen deutlichen Kontrapunkt setzen, wie auch Bürgermeister Torsten Fetzner und Ortsvorsteherin Doris Falter im Vorfeld betont haben. Auf der anderen Seite ist es ein weiterer Versuch, dem Ortsteil einen Mittelpunkt zu geben. Forderungen – von einer erkennbaren Ortsmitte bis hin zu einer Mehrzweckhalle – gab es schon einige.



> Was im Workshop passierte: Die Moderatoren verwandeln Zuhörer in Gestalter. Im Grunde ist die Veranstaltung, die durch ein Förderprogramm der Evangelischen Kirche finanziert worden ist, eine Zukunftswerkstatt im Kleinen. Die Teilnehmenden werden am Eingang registriert und mit Schokoladentäfelchen ausgestattet. Je nach Sorte und Farbe finden sich die ersten Arbeitsgruppen. Sie dürfen sich an eigens vorbereiteten Arbeitstischen in verschiedene Bevölkerungsgruppen hineinversetzen und erörtern, welche Angebote diese im Ort bräuchten.

Als erste Ergebnisse vorgetragen sind und jede Arbeitsgruppe einen Tisch weitergezogen ist, steht der nächste Schritt an. Die Beteiligten sollen herausfinden, was man in dem Saal für Kinder, Senioren, Singles, junge Familien oder Ehepaare im mittleren Alter tun könnte. Sinn der Übung: Es braucht Ideen für den Saal, hinter denen die Bevölkerung – und die Vereine, die einen eigenen Arbeitstisch bekommen – steht. Denn klar ist schon heute: Die Stadt wird diesen Raum genauso wenig zu 100 Prozent übernehmen können wie etwa den früheren katholischen Saal in Sulzbach. Wie es mit Hilfen wie etwa einer Kofinanzierung aussieht, steht noch nicht fest. Fetzner verspricht, das Thema in die Verwaltung zu tragen. Am Ende des Abends werden die Ergebnisse ebenso gebündelt wie die „No Gos“, unter denen gefasst ist, was gar nicht geht in dem Saal. Auch Bürger Fetzner arbeitet mit in den Gruppen.



> Auf welche Ideen die Bürger gekommen sind: Möglich ist vieles, zumindest innerhalb dieses Austauschs. Kurse für Schwangere, Mutter-Kind-Angebote, Hausaufgabenhilfen, ein Jugendtreffpunkt mit mobilem Dönerstand, eine Zweigstelle der VHS oder ein Raum für Familienfeste. Andere hoffen auf ein Café oder einen Kultursaal. Wieder und wieder kommt die Forderung auf, den Saal zu teilen, um mehrere Angebote unterbringen zu können. Pfarrer Jan Rohland bestätigt später im Gespräch, dass Letzteres kein Problem ist. Details spielen zum gegenwärtigen Zeitpunkt indes noch keine allzugroße Rolle, aber sie werden aufs Tapet kommen.



> Wie es weitergeht: Am Donnerstag, 11. Mai, tagt hier der Ortschaftsrat Lützelsachsen. Bis dahin sollen die am Freitag gebildeten Arbeitsgruppen weiter sein. Für einige davon haben sich bereits Koordinatoren gefunden. Auch die Strukturreform in der Evangelischen Kirche schreitet voran. Bereits am kommenden Donnerstag, 16. März, tritt der Kirchengemeinderat in Lützelsachsen zusammen. Schlimmstenfalls wird neben dem Saal die Kirche nicht weiter bezuschusst. Schade wär’s. Denn dass die Gemeinschaft lebt, haben der Kirchengemeinderat, der Pfarrer und nicht zuletzt die vielen Teilnehmenden am Freitag bewiesen.