„Was hier gemacht wird, ist falsch“
Schönau: Die Blumenauer sorgen sich um den Kollekturwald. Greenpeace-Experte sieht durch Bagger-Arbeiten eine langfristige Zerstörung
Von Bernhard Haas
Die Sorgen der Bürgerschaft in den nördlichen Stadtteilen über die weitere Entwicklung des sogenannten Kollekturwaldes, der sich im Besitz der Evangelischen Stiftung Pflege Schönau (ESPS) befindet, wachsen. „Wir fürchten vor allem eine Beeinträchtigung der Erholungsfunktion für die Anwohner des Käfertaler Waldes“, brachte es Martina Irmscher für die Schutzgemeinschaft Käfertaler Wald auf den Punkt. Thomas Steitz ergänzte, er bezweifle, dass der Umbau des Waldes wirklich dazu führe, das Ziel, die spätblühendeTraubenkirsche (Prunus serotina) zu eliminieren, mit den bisher ergriffenen Maßnahmen erreicht werden könne.
Ziesling kritisiert
Unterstützung erhielt das Bündnis bei einem Waldspaziergang durch den BUND und den Greenpeace-Forstexperten Volker Ziesling, der bereits eingangs mit geharnischter Kritik aufwartete: „Angesichts des Klimawandels wissen wir zwar nicht, was wirklich richtig ist. Aber was hier gemacht wird und wurde, das ist eindeutig falsch.“
Er kritisierte unter anderem, dass die Areale flächenmäßig mit Baggern und schwerem Forstgerät befahren würden. „An Rückegassen, die im Abstand von etwa 20 bis 40 Metern eingerichtet wurden, wurde sich hier nicht gehalten. Der Boden ist langfristig zerstört.“
Der Waldumbau sollte laut Gemeinderatsbeschluss schonend durchgeführt werden. Doch der in der Nähe des Schützenhauses bereits bearbeitete Waldboden vermittle eher den Eindruck einer flächendeckenden und langfristigen Zerstörung, fürchtet das Aktionsbündnis. Der Abstand der Rückegassen, zum Befahren von Arbeitsfahrzeugen, sei grundsätzlich zu gering. Dadurch ergebe sich ein relativ hoher Verlust an Waldbodenfläche. Statt Kohlendioxid im Boden zu binden, würde viel mehr CO 2 freigesetzt, waren sich die Experten einig. Es würde keine oder nur geringe Rücksicht auf intakte Waldflächen genommen werden.
Stattdessen würden großflächige Areale abgeholzt werden. Wege und Waldsäume mit schützenswerten Pflanzen würden kaputt gefahren oder mit geschlagenem Holz überlagert. Das führe zu weiteren Problemen, denn die bearbeiteten Flächen würden in den Folgejahren vermehrt die spätblühende Traubenkirsche fördern, da nur etwa zwei Zentimeter Wurzel ausreichen, um die als unerwünschten Eindringling bezeichnete Baumart wieder sprießen zu lassen. Und eigentlich sollte gerade diese Art durch den Umbau entfernt oder zumindest stark zurückgedrängt werden. Generell werde auf den Flächen viel zu wenig Totholz liegengelassen, so die Kritik.
Schutzlos ausgeliefert
Die Waldfläche ist der Witterung und der Hitze laut Experten zudem schutzlos ausgeliefert. Die jungen Pflanzen hätten es schwer, anzuwachsen und die im Totholz gebundenen Nährstoffe stünden deshalb den zukünftigen Pflanzen nicht mehr zur Verfügung. Zudem fehle das Totholz etlichen Organismen als Nahrungsquelle und Lebensraum. Zu guter Letzt wurde kritisiert, dass die Umbauflächen großflächig umzäunt werden und dadurch Tieren als Lebensraum verloren gingen.
Forstmann Ziesling brachte ins Spiel, dass die ESPS auf den besichtigten Flächen seiner Meinung nach gegen das Landeswaldgesetz verstoße, da es sich eindeutig um Kahlschläge handle. Selbst die verbleibenden Kiefern würden durch die eingesetzten großen Maschinen geschädigt und gingen durch das Aufheizen des Waldbodens doch verloren. Der Forstmann plädierte für ein langfristiges Vorgehen, in dem die Traubenkirsche abgeknickt werde, damit sie nicht mehr wachsen könne. Gleichzeitig müsse der doch stellenweise vorhandene Unterwuchs aus Eiche, Buche oder Hainbuche gefördert werden, um langfristig die nordamerikanische Kirschart aus dem Wald zu verdrängen.
Ansiedlung eindämmen
Erfolg scheine eine Ablösung der spätblühenden Traubenkirsche durch Halbschatt- und Schatt-Baumarten zu versprechen. Diese könne im Zuge eines Voranbaus unter Schirm erfolgen, wenn die ältere Traubenkirsche für diese Arten genügend Licht durch ihr Kronendach lasse, ohne sich selbst verjüngen zu können. Vor allem die Buche wachse da noch ausreichend gut und könne durch ihren Schattenwurf und die verjüngungsbehindernde Streu eine erneute Ansiedlung der spätblühenden Traubenkirsche eindämmen.