Rhein-Neckar-Zeitung - Bergstraße/Mannheim - Weinheimer Rundschau, 14.12.2022

 

Kinderförderfonds half so oft wie nie zuvor

Beim Schirmherrengespräch stellten Kommunen, Kirchen und soziale Träger Rekordsumme vor – Das Ziel: Soziale Ausgrenzung verhindern

rnz

Weinheim/Region. Die Zahlen rütteln auf. Nach wie vor überschattet auch in der Bundesrepublik Armut den Alltag von mehr als 20 Prozent aller Kinder und Jugendlichen. Insgesamt sind dies über 2,8 Millionen Unter-18-Jährige, wie der Kinderarmutsbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) aufzeigt. Doch Ausgrenzung durch Armut ist nicht fair: Dem stimmten beim Pressegespräch auch OB Manuel Just, Bürgermeister Achim Weitz aus Heddesheim, Dekanin Monika Lehmann-Etzelmüller vom Evangelischen Kirchenbezirk Ladenburg-Weinheim sowie Pfarrer Klaus Rapp aus der Katholischen Kirchengemeinde Hemsbach als Schirmherren des Kinderförderfonds Neckar Bergstraße zu. Verena Metzger vom Caritasverband Rhein-Neckar und Hansjörg Rapp (Diakonisches Werk) hatten ihnen Anfang der Woche den Jahresbericht 2021 vorgelegt.

Kinderarmut sei hier nicht gleichbedeutend mit Obdachlosigkeit oder Hunger, so Hansjörg Rapp. Man spreche nicht über „absolute Armut“, in der Kinder auf der Straße leben oder Erwerbsarbeit leisten, „sondern über relative Armut“. Familien in Armut verfügten über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens, seien auf staatliche Unterstützung angewiesen und lebten oft nur mit dem Nötigsten. Täglich eine warme Mahlzeit, das sei vor allem für Kinder Alleinerziehender nicht selbstverständlich, so Metzger. Sie müssten auf vieles verzichten, was für Gleichaltrige normal sei, etwa den Zugang zu kulturellen oder sozialen Angeboten. Kinderarmut stelle ein gesellschaftliches Problem dar und hinterlasse Spuren bis ins Erwachsenenalter, am meisten bei Bildung und Gesundheit.

Von einem „signifikanten Berichtsjahr“ sprach OB Just. Dies gelte sowohl mit Blick auf das Rekord-Fördervolumen in Höhe von 68 755 Euro (Vorjahr: 57 390 Euro) als auch auf die 623 (Vorjahr: 488) Fördermaßnahmen, die 418 (360) Kindern und Jugendlichen zugutekamen. 156 Beihilfen wurden an Familien vergeben, die in den letzten Jahren nach Deutschland geflüchtet waren. „Pro Kind wurden 2021 durchschnittlich 160 Euro an Beihilfen vergeben“, so Rapp. Was sich angesichts von „nur“ 43 896 Euro an Spendeneingängen in erheblichem Maße in der Kasse des Fonds niederschlug. Zwar wurde diese „dennoch beachtliche Spendensumme“ trotz der Corona-Einschränkungen erreicht. Sie fiel aber im Vergleich zum Vorjahr (58 123 Euro) erheblich geringer aus, weil Corona weniger Spendenaktionen zuließ. Die beständigen Partner hätten den Fonds jedoch weiter unterstützt. Außerdem gab es viele private Spender, so Rapp.

Angesichts von 25 660 Euro im „Rücklagentopf“ (Stand: 31. Dezember 2021) befindet sich der Kinderförderfonds derzeit allerdings nicht in einer Notlage. Dass man wegen Inflation und Energiepreisen dennoch vor Herausforderungen steht, verhehlte OB Just nicht. Trotzdem dürfe man von kommunaler Seite aus nicht müde werden, Gelder zu akquirieren: „Der Hilfebedarf wird nicht geringer.“ Der Blick auf die Statistik zeigt, dass in Weinheim als größter Stadt im Zuständigkeitsbereich des Fonds auch der höchste Anteil an Familien mit geringem Einkommen lebt. Hier wurden 213 Beihilfen an Kinder und Jugendliche ausgezahlt. 42 Beihilfeempfänger kamen aus Schriesheim, 34 aus Heddesheim und 23 aus Edingen-Neckarhausen. Kinder in Familien mit nur einem Elternteil sind überproportional oft betroffen. Es wurden 205 Kinder aus Familien unterstützt, die Arbeitslosengeld II beziehen.

„Kinder- und Jugendarmut muss im Zusammenhang mit der Situation der Familien betrachtet werden“, so Metzger. Die Kinder treffe keinerlei Schuld. Als unbürokratisch geförderte Maßnahmen schlagen Zuschüsse für die Freizeit (107), den Schulbedarf (106), Kleidung (102), Möbel (78), Essen (56) und Sport (40) zu Buche. Sonstige Maßnahmen waren Zuschüsse für Fahrrad, Autositz, Matratze, Windeln, Kinderzimmer, Konfirmation und Kommunion sowie Geburtstagsfeier. Von Erfolg gekrönt zeigte sich zudem eine „Schulranzen-Spendenaktion“, von der 40 Schüler profitierten.

Info: Spendenkonto Diakonisches Werk, Kinderförderfonds Neckar Bergstraße, IBAN: DE80 6709 2300 0005 4066 09; BIC: GENODE61WNM.